Freitag, 14. November 2008

Kieler Schauspielhaus: Des Teufels General

"Sie dürfen hier nicht fotografieren", sagt die ältere Dame auf dem Platz neben mir und sieht mich dabei missbilligend an. "Ich weiß", erwidere ich, "aber wenn jemand kommt, stecke ich Ihnen die Kamera zu und dann wollen wir doch mal sehen, wer hier Ärger bekommt." Da ist sie erstmal sprachlos und es dauert eine ganze Weile, bis sie merkt, dass ich sie auf den Arm genommen habe und wir beide lachen müssen.

Kurz darauf geht auch schon das Licht aus im großen Saal des Kieler Schauspielhauses und ich bin von der ersten Minute an gefesselt. Mit einem genialen Beleuchtertrick werden zu Beginn der Vorstellung die Akteure einzeln vorgestellt. Hinter einem transparenten Vorhang stehend werden sie einzeln angeleuchtet und wie Geister schwebend von einem Sprecher aus dem Off kurz vorgestellt. Ein toller Effekt.

Kurz darauf betritt General Harras zum ersten Mal die Bühne und zieht das Publikum sofort in seinen Bann. Mir wird sofort klar, dass "Des Teufels General" ohne einen guten Harras nicht funktionieren kann." Puh, wir haben Glück. Mit Matthias Unruh hat Kiel einen wirklich erstklassigen Harras zu bieten.

Richtig gut gefällt mir auch Harras' treuer Fahrer, Korianke. Das Faktotum wird gespielt von Zacharias Preen, den ich bislang nur als Wilmersdorfer Witwe aus der Linie 1 kannte und natürlich aus TATORT, oder als Jürgen Weber in Ein Fall für Zwei.

Die weibliche Hauptrolle der Diddo Geiss wird gespielt von Jennifer Böhm, die schon in Linie 1 die Hauptrolle gespielt hat. Für meinen laienhaften Theaterverstand spielt sie die Rolle ohne Fehler. Doch irgendwie bleibt mir von ihr weniger in Erinnerung, als von den anderen Darstellern. Das mag aber auch an der Rolle des schüchternen Mädchens Diddo Geiss liegen.

Foto gelöscht
Die Offiziere singen das Fliegerlied - Die Stimmung ist auf dem Höhepunkt

Total überzeugend und dabei sexy finde ich Dorothee Föllmer in der Rolle der bösartig, biestigen Pützchen von Mohrungen. Wow. Es ist kaum zu glauben, dass sie noch vor kurzem als Jim Knopf an der Seite von Lukas dem Lokomotivführer zu sehen gewesen ist.

In einer ungewohnten Rolle kann diesmal Almuth Schmidt ihr großes Talent beweisen. Erst Claudia macht mich darauf aufmerksam, dass sie es ist, die den kauzigen Hauptmann Pfundtmayer spielt. Eine originelle Besetzungsidee, die zudem super funktioniert hat. Ihr Passing als Mann war perfekt!

An mehreren Stellen der Vorstellung habe ich das Gefühl, jetzt müsste endlich Applaus kommen, aber es bleibt totenstill im Zuschauerraum. Nicht etwa, weil es den Leuten nicht gefällt, nein, sie sind einfach starr vor Spannung und später auch zunehmend bedrückt, als der starke General Harras von den Nazis allmählich klein gemacht und mehr und mehr demontiert wird. Dabei zu klatschen scheint irgendwie nicht angemessen zu sein.

Erst am Ende der Vorstellung brandet lang anhaltender Applaus auf und ich hab gar nicht soviele Hände, wie ich klatschen will. Das Theater hat mich völlig in seinen Bann gezogen. Die tolle Atmosphäre, das liebevoll ausgestaltete Bühnenbild, die dramatische Beleuchtung und das erstklassige Ensemble. Ich bin wirklich total begeistert.

Als ich später in der Künstlerkantine mit General Harras auf ein Glas Wein anstoße, kann ich kaum glauben, dass Matthias Unruh den General nur gespielt hat. Sein Passing als General Harras war perfekt.


Es ist unglaublich, aber von diesen Schauspielern können sogar wir T-Girls noch eine ganze Menge über authentisches Rollenverhalten lernen :-)

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo. Du siehst wirklich toll aus!

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