Samstag, 26. März 2011

Aktion Gute Laune Teil 3: Ein Besuch bei Bijou Brigitte

"Aber du hast doch schon Dutzende von Ohrgehängen, Ohrringen und -steckern, Armreifen und Kettchen in allen mög­lichen Größen, Formen und Farben. Sogar in lila. Ein Weih­nachts­baum ist nichts dagegen. Wieviele Stücke von diesem billigen Tand willst du dir denn noch kaufen?" regt Claudia sich auf.

Kann man nicht einmal im Leben in Ruhe durch die Fußgängerzone stöckeln und dabei einen ganz beiläufigen Blick in das Schaufenster von Bijou Brigitte riskieren, ohne gleich dermaßen abgekanzelt zu werden?

"Das ist kein billiger Tand.", protestiere ich entrüstet. "Da sind welche drunter, die haben mal eben locker 5 Euro gekostet. Und außerdem ist Silber inzwischen das neue Gold und da lohnt es sich immer, ein wenig freies Geld anzulegen.", lasse ich die Finanzexpertin heraushängen.

"Du willst für 5 Euro billigen versilberten Modeschmuck kaufen und betrachtest das hochtrabend als Teil deiner Altersversorgung?", regt Claudia sich auf. "Du schaffst mich, Tinky Winky. Hauptsache, du behälst genug Geld übrig, um bei Tchibo nachher deinen Kaffee selbst zu bezahlen."

Zwei Minuten später stehe ich mit dem kleinen Körbchen in der Hand zwischen tausenden von Ohrhängern, -steckern und -ringen. Nehme ich die großen Silberscheiben mit den weißen Ornamenten, oder die langen Anhänger mit den drei Ringen? Ich kann mich nicht entscheiden und lege vorsichtshalber beide in den Korb.

Svenja kauft Schmuck bei Bijou Brigitte in Kiel

Als an der Kasse für den kleinen Korb voller Geschmeide 9,95 Euro aufgerufen werden, bekomme ich zuerst einen Schreck, aber mit stoischer Miene zücke ich meine EC-Karte und überreiche sie dem Schmuckhändler. Für eine Investition in die eigene Altersversorgung und für echten Schmuck muss man eben auch etwas Geld in die Hand nehmen, denke ich...

Donnerstag, 24. März 2011

Aktion Gute Laune Teil 2: Ein Besuch beim Friseur

„Wow, hast du lange Haare gekriegt.“, begrüßt mich Dorene, meine Lieblings­friseurin bei F.B.I.

Das ist ja auch kein Wunder, schließlich war ich zwei, oder drei Jahre nicht hier. Wieso zum Fifi erkennen mich eigentlich alle Menschen wieder, auch wenn sie mich erst einmal gesehen haben?

Heute lasse ich nur die Spitzen schneiden, denn es geht mir nicht so sehr um die Haare, sondern um den zweiten Teil meiner Anti-Depri-Aktion: Zurück ans Licht. Schuhe kaufen war Teil 1 und außerdem schon letzte Woche dran.

Die Girls bei F.B.I. tragen einheitliche Outfits. Diesmal sind es schwarze Overknee-Stiefel zum Longtop mit Leggings. Ich bin begeistert und es geht mir zusehends besser. Vielleicht kann ich  einfach mal so herkommen? Auf jeden Fall leisten sie sehr gute Arbeit und ich gehe nie woanders hin.

Fazit: Sogar ein Friseurbesuch kann hilfreich dabei sein, die dunklen Gedanken zu vertreiben. Der Trick ist einfach, gut zu sich selbst zu sein und viel unter Menschen zu gehen. Und dafür opfere ich im Fall meines Lieblingsfriseurs sogar 3 cm meiner Haare...

Montag, 21. März 2011

Flashback

SvenjaWas ist nur los mit mir? Vor ein paar Tagen hat mich ganz unvermittelt eine so tiefe Traurig­keit überfallen, dass ich wie unter Schock stand und es mich regelrecht erschreckt hat.

Seitdem sitze ich zuhause in meiner hübschen Wohnung. Die Kaffeemaschine läuft, Kerzen brennen und im Hintergrund läuft leise Klassik­radio. Aber nicht einmal Pachelbels Kanon in D-Dur kann mich heute aufheitern.

Ich muss auf der Stelle etwas unternehmen, sonst versinke ich immer tiefer in dieser blöden Traurigkeit. Aus der Vergangenheit weiß ich, dass Hausarbeit, oder die Gesellschaft fremder Menschen mich schnell ablenken können. Heute müssen es Menschen sein und in der Vergangenheit haben sich besonders jene bewährt, die sich in Schuh­geschäften aufhalten.

Bevor ich losfahre, rufe ich Claudia an, ob sie Lust hat, mitzukommen. Ich muss sie nicht lange überzeugen und kurz darauf sind wir gemeinsam unterwegs nach Raisdorf. Claudia kennt mich schon viele Jahre und merkt sofort, dass es mir nicht gut geht. Mit einem Gefühl, als sei mein Hund gestorben, lenke ich den kleinen Seat schweigend durch den Kieler Stadtverkehr.

Wenige Minuten später stelle ich das Auto im magischen Schuhdreieck zwischen Deichmann, Shoe-for-You und dem Hess-Schuhmarkt ab und betrete zum ersten Mal ein Schuhgeschäft ohne mein breites Grinsen voller Vorfreude auf die schönste Nebensächlichkeit der Welt.

Mit Trauermine schreite ich im ZickZack an sämtlichen Schuhregalen vorbei, ohne eines auszulassen. Außer den Birkenstocks und Turnschuhen natürlich. Die gülden nicht als Schuhe und turnen will ich auch nicht. Ich bin so traurig, dass mir heute gar nichts gefallen kann und ich nicht einmal etwas anprobiere.

Im Geschäft nebenan suche ich ohne echtes Interesse nach einer dünnen Fleecejacke für meine Motorradtour im Sommer. Die Jacke soll klein genug sein, um noch in meine Gepäckrolle zu passen und pink genug, dass ich sie auch leiden mag. „Die Pinke gibt es nur noch in M“, informiert mich eine nette Verkäuferin. „Ja.“, denke ich. „Und zwar in M für Hamster.“, denn ich komme nicht einmal mit dem Unterarm in den Jackenärmel hinein. Ich ärgere mich darüber, dass ich nichts Passendes finde und das ist gut so, denn alles ist besser als diese Traurigkeit. Ärger tut gut. Er überlagert dumpfe Gedanken und frisst Traurigkeit.

Den Hess-Schuhmarkt betrete ich ohne große Erwartungen. Hier gucke ich schon seit Jahren immer wieder, aber die Schuhe waren mir meistens einen Tick zu langweilig und altbacken. "Sowas kann ich noch tragen, wenn ich 30 bin.", denke ich, aber vielleicht ergattere ich wenigstens eine hübsche Strumpfhose im Angebot.

Freudlos und ohne echtes Interesse schreite ich die endlosen Reihen von Schuhen entlang. Trotzdem sind meine Gedanken jetzt nicht mehr ganz so trübe, wie noch vor Stunden. Die Ablenkung tut mir gut. "Claudie, guck mal!", rufe ich plötzlich laut durch den Laden und bin selbst erstaunt über die Freude in meiner Stimme: "Eine ganze Abteilung mit Sonderangeboten von Akira und Buffalo Girl." Buffalos sind meine absoluten Lieblingsschuhe, aber entweder sind sie zu teuer, oder zu klein. Meistens beides. Bei Buffalo ist 41 mehr eine Idee, als eine Größenangabe.



Ohne große Hoffnung probiere ich ein paar wunderschöne Slouchstiefel aus schwarzem Wildleder an. Es ist das letzte Paar und außerdem um die Hälfte reduziert. Ich wollte zwar keine Stiefel mehr kaufen, aber dies ist ein Notfall und da kann ich mich nicht von Grundsätzen gängeln lassen. Die Stiefel passen wie angegossen und ich nehme sie.

Gerade als ich meine Beute glücklich zur Kasse tragen will, entdecke ich die schwarzen Buffalo Stiefel, die ich schon seit Monaten gesucht habe. Es sind flache Overknees aus schwarzem Wildleder mit einem Futter aus hellem Kuschelfell. Die Stiefel sind handschuhweich und wie für mich gemacht. Ich nehme sie.

Die kleine Freude hat mit einem Schlag den Kokon aus Traurigkeit, Trübsinn und Grübelei durchbrochen und innerhalb von Minuten meine Laune deutlich aufgehellt. Ich kann das Dunkle im Hinterkopf noch spüren, aber im Moment hat es keine Macht mehr über mich und glücklich tänzele ich ein paar Schritte vor dem Spiegel umher, wie ich das gerne tue, wenn ich gute Laune habe. Claudia freut sich mit mir, aber am meisten wohl darüber, dass ich endlich einmal wieder gelacht habe.



Dreimal muss ich den Weg zur Kasse proben, bis Claudia endlich das richtige Foto im Kasten hat, weil andauernd irgendwelche mies gelaunten Landeier durchs Bild wanken. Nächstes Mal nehme ich eine Rolle Absperrband mit und werde auch die Angestellten briefen, damit sie nicht so unintelligent in die Kamera glotzen, wenn wir unsere Fotosession machen.

Einem freudlos dreinblickenden Mitfünfziger, der meinetwegen kurz warten muss, schenke ich ein Lächeln, mit dem ich normalerweise Krokusse unter 10 cm Eis hervorlocken kann, aber er starrt nur stumpf zurück. "Merkwürdig.", denke ich, "Licht ist an, aber keiner zuhause." Wie kann jemand an einem so schönen Tag nur dermaßen miese Laune haben? Ich verstehe solche Typen einfach nicht.

Fazit: Mir geht es gerade nicht so gut. Ich hatte einen furchtbaren Flashback* und bin deshalb traurig und deprimiert, aber ich tue selbst etwas dafür, damit es mir bald wieder besser geht. Schuhe kaufen ist ganz sicher kein Mittel gegen tiefe Traurigkeit, aber mir hat es heute geholfen. Mit Claudia habe ich noch lange drüber diskutiert, wie es möglich ist, dass etwas Belangloses eine so starke Wirkung haben konnte. Das kann unmöglich wegen irgendwelcher Schuhe sein. Ist es vielleicht das Erfolgserlebnis? Das Gefühl, etwas gewonnen und fette Beute gemacht zu haben? Mir ist darauf keine Antwort eingefallen. Aber auch wenn so ein Flashback vielleicht schlecht für die Seele ist, für unsere Wirtschaft ist er ein Segen.



*Flashback: Das psychologische Phänomen, wenn durch einen Schlüsselreiz eine ganz starke Erinnerung ausgelöst wird und man vergangene Gefühle noch einmal intensiv neu durchlebt und durchleidet.
siehe: Wikipedia, Flashback, psychologisch

Sonntag, 6. März 2011

Saisonstart 2011

Svenjas Motorrad SaisonstartBehutsam ziehe ich die staubige Plane von der kleinen Kawasaki. Mit jeder Bewegung erheben sich dicke graue Staubwolken im trüben Licht der Tiefgarage.

Ich drehe den kleinen schwarzen Schlüssel, höre das aufgeregte Summen der Benzinpumpe und mit einem kurzen Druck auf den roten Startknopf lasse ich den Motor an. Ruhig und gleichmäßig bollert der kleine Einzylinder im Stand vor sich hin.

Langsam rolle ich der Ausfahrt entgegen und ziehe im Vorbeifahren an dem dicken Seil, mit dem das große Rolltor geöffnet wird. Einen Augenblick später fahre ich hinaus ins gleißend helle Sonnenlicht und muss für einen Moment die Augen zusammenkneifen, so strahlend hell scheint die Sonne in meinen Helm. Trotzdem ist es noch immer leicht unter 0°C an diesem wunderschönen Kieler Morgen.

Langsam fahre ich die wenigen hundert Meter hinunter zum Hafen und folge der Werftstraße um die Kieler Innenförde herum. Dritter, vierter Gang, höher komme ich im Stadtverkehr noch nicht.

Es ist kalt und die Stadt sieht noch ganz verschlafen aus. Als ich an der Werft vorbeifahre, nimmt ein silberner Opel mir die Vorfahrt und ich kriege einen Riesenschreck. Das war knapp. Der Digitaltacho der Kawa zeigt 55 km/h. Ich sehe in den Rückspiegel, wo der Opel sich eilig entfernt, dabei ist hinter mir alles frei. Welch ein Hirni. Zwei Sekunden später wäre ich vorbei gewesen, aber soviel Zeit hatte der Herr wohl nicht. Motorradsaison 2011 und alles ist wie immer.

Ich erreiche die Kieler Stadtgrenze und erhöhe langsam die Drehzahl. Ich schalte den fünfen, dann den sechsten Gang und düse im strahlenden Sonnenschein in Richtung Raisdorf. Wie ich das vermisst habe, dieses vertraute Gefühl von Freiheit auf meiner Enduro. Ich schalte zwei Gänge runter, reiße das Gas auf und die Kawasaki trompetet fröhlich in die eiskalte Morgenluft. Welch ein tolles Gefühl.



Im Gewerbegebiet Raisdorf kenne ich einen alten, verlassenen Parkplatz, dessen einzelne Parkebenen durch steile Treppen verbunden sind. Ob ich das noch kann? Die green cow kann es ganz sicher. Ich sehe mich noch einmal um, ob auch keine Zuschauer da sind, die sich totlachen, falls ich es vermassele, aber ich bin ganz allein.

In den Fußrasten stehend fahre ich im ersten Gang noch etwas ängstlich auf die erste Treppe zu. Kurz bevor das Vorderrad die unterste Stufe erreicht, gebe ich Gas, hebe das Vorderrad an und lasse den Rest das Motorrad erledigen. Mit ihren langen Federwegen klettert die leichte Kawa mühelos die 16 Stufen hinauf. Nur nicht zu langsam werden. Wenn jetzt der Motor abstirbt, liege ich auf der Seite. Ich gebe etwas Gas und lande nach dem letzten Treppenabsatz mit einem kleinen Hüpfer sicher auf den beiden Stollenreifen. Das hat Spaß gemacht, aber ich merke auch, wie unsicher ich noch bin. Soviele Jahre habe ich das schon nicht mehr gemacht. Ich muss wieder häufiger üben.

Mit knapp 100 km/h fahre ich auf der alten B4 weiter in Richtung Süden. Der Asphalt trocknet nur langsam in der Wintersonne und in den Vorgärten und an den Straßenrändern liegt noch Schnee. Die Wettervorhersage hat für heute 4°C versprochen, aber davon sind wir noch weit entfernt.

Kurz vorm Einfelder Sees tun mir die Hände vor Kälte so weh, dass ich mich entscheide, umzukehren und auf Umwegen über Flintbek langsam nach Hause zu fahren. Zwei Stunden sind für heute genug.

Kawasaki an der Shell TankstelleAn der SHELL Tankstelle in der Hamburger Chaussee fülle ich den siebeneinhalb Liter Tank der Kawa mit dem guten V-Power auf. Beim Bezahlen lasse ich mir endlos Zeit, weil es im Kassenraum so kuschelig warm ist. Ich versuche, den Kassierer in ein Gespräch zu verwickeln, aber er ist eher der muffelige Typ. Dafür vertippe ich mich bei der Geheimzahl, weil meine Hände so zittern, dass ich die 7 nicht richtig treffe.

Um noch etwas Zeit zu schinden, drücke ich mich noch einen Moment vorm Zeitschriftenregal herum, bis ich plötzlich merke, dass ich die ganze Zeit vor den Tittenblättern stehe, die einzeln in Plastiktüten verpackt sind. Entschlossenen Schrittes verlasse ich den Kassen­raum und mache mich daran, den Reifendruck der cow zu checken, aber mit meinen klammen Aua-Fingern kriege ich die Ventilkappen nicht abgedreht und verschiebe die Kontrolle aufs nächste Mal.

Bevor ich den Helm aufsetze, rufe ich Claudia an, ob sie nicht Lust hätte, ein Frühstück für uns zu machen. Sie hat und ich freue mich schon auf ihr leckeres Essen mit Spiegeleiern, Nürnberger Bratwürstchen und mit ohne Brot.

Fazit: Als ich die Maschine in der Tiefgarage abstelle und die Sturmhaube vom Kopf ziehe, bin ich total aufgekratzt, zufrieden und glücklich. Es geht wieder los. Dieses vertraute Gefühl, das aber zugleich so aufregend, spannend und immer wieder neu ist, nutzt sich niemals ab. Es ist so stark wie es immer gewesen ist und zu Beginn einer Saison überwältigt es mich so sehr, dass nur die eisige Kälte mich davon abhält, gleich morgen mit Zelt und Schlafsack auf eine lange Tour zu starten. Aber bis dahin sind es ja nur noch ein paar Wochen...

Donnerstag, 3. März 2011

Svenja blitzt ab

Svenja"Wenn du meinen Vornamen errätst, spendiere ich eine Flasche Champagner.", raune ich der süßen Blonden zu, die auf dem Barhocker gegenüber sitzt und strecke ihr dabei meinen Busen entgegen, damit sie auch ja das Namens­­kettchen bemerkt, worauf in glänzen­dem Sterling­silber "Svenja" steht.

Die Blonde sieht interessiert aus. Ich beuge mich noch etwas weiter zu ihr hinüber, senke die Stimme und füge mit Verschwörer­mine hinzu: "Ich habe da noch eine ganz hervorragende Flasche Asti Spumante bei mir zuhause im Kühlschrank. Ist gar nicht weit von hier..."

Mit langen, weißen French Nails greift sie ihr pinkes Handy, steckt es in eine modische Handtasche aus Knautschlack, steht wortlos auf und geht. Jetzt sieht sie nicht mehr interessiert aus.

"Moment, warte doch!", brülle ich hinterher und versuche zu retten, was zu retten ist: "Das ist nicht irgend so ein Billigzeug, die hat drei Euro gekostet. Überlegs dir...!", aber die blonde Schönheit stöckelt auf dünnen Absätzen davon, ohne sich noch einmal umzusehen.

"Sehr merkwürdig.", denke ich. "Das hat doch früher oft funktioniert...!?" Ich bin leicht verunsichert.