Freitag, 20. Juni 2014

Alltäglich und banal

Mit der Normalität ist das so eine Sache: Sie ist immer auch ein wenig langweilig. Die aufregende Zeit ist vorbei, in der jeder Schritt vor die Tür von höchster Aufmerksamkeit und ängstlicher Wachsamkeit begleitet war. Heute ist mir kaum noch bewusst, dass ich einmal trans war. Die letzte Situation war so ungewöhnlich, dass ich heute noch darüber lachen muss. 




Aber was hat sich verändert, was ist heute anders als früher, als ich noch Sven war und nicht Svenja? Abgesehen von Klamotten, Busen und MakeUp wenig und das Wenige ist auf das Älterwerden und auf die persönliche Entwicklung zurückzuführen und nicht auf Hormone und hohe Schuhe. Als ich den Switch gemacht habe, war ich erst 43, heute bin ich 52, da soll ein Mensch sich schon verändern.  

Wichtiger ist, was sich nicht verändert hat, die Dinge, für die ich wirklich brenne, sie sind noch immer dieselben: Das Reisen auf meiner Enduro mit Zelt und Schlafsack, Fotoapparat und Notizbuch und später das liebevolle Kombinieren von Texten, Grafiken und Fotos zu einem Reisebericht, die Arbeit am Computer mit Grafiktablett und Photoshop, mit html und css. Das begeistert Svenja ebenso sehr, wie es schon Sven begeistert hat. 

Aber gibt es denn gar nichts, das heute grundlegend anders ist als früher, etwas worin sich das Leben als Frau völlig unterscheidet von dem eines Mannes? 

Vielleicht eine Sache: Ich sehe Frauen und Männer heute völlig anders als früher. Frauen sind nicht mehr die verehrten Lichtgestalten, die es zu erobern gilt und Männer kommen mir heute seltsam oberflächlich vor. Das hängt damit zusammen, dass viele Männer am liebsten über Technik sprechen und selten über Zwischenmenschliches. Frauen langweilt das und so auch mich. 

Und so sitze ich im Café Fiedler beim Frühstück und schwatze mit einer Freundin über Belangloses, Zwischenmenschliches, Schuhe, Mode und Gesundheit, analysiere die neue Beziehung einer Bekannten und bespreche all die Dinge, bei denen ein Mann sich tödlich langweilen würde. 

Am Nebentisch sitzen Frauen, die ähnliche Gespräche führen. Sie sind etwas älter als ich, so dass Schuhthemen zugunsten der Gesundheit allmählich in den Hintergrund treten, aber ansonsten sind es die gleichen Gespräche. Das aktuelle Mediamarkt Prospekt interessiert diese Girls ebenso wenig wie mich selbst. 

Und auch die verstohlenen Blicke und das Getuschel fremder Menschen auf der Straße haben vor Jahren aufgehört. Das geschah so allmählich, dass es mir nicht einmal aufgefallen ist. 

Fazit: Manchmal ist es fast ein bisschen langweilig, so ein handelsübliches Frauenleben, jetzt da der Switch vollzogen und das transThema durch ist. Es wird Zeit, dass ich mir ein neues Abenteuer suche. Irgendetwas Aufregendes...