Samstag, 8. November 2014

Warum ich Tschechow liebe

Laute Popmusik spotifyt durch meine Wohnung, während ich zwei Kleider prüfend vor mich halte. Welches ziehe ich heute Abend ins Theater an? Das kleine Schwarze, oder lieber das freche Rote? Und welche Schuhe? Die hohen, oder lieber die flachen von Buffalo mit den 7 cm Stilettos? Heute gibt es Drei Schwestern von Tschechow. Ein Drama, schwere Kost, aber ich mag schwere Kost und Dramen sowieso.  


Doch im Grunde ist nicht das Stück allein die Hauptsache, denn so ein Theaterabend hat mehr zu bieten, allerdings muss er generalstabsmäßig geplant sein: Wer besorgt die Karten? Ok, darum kümmert sich Claudia. Wir sitzen ohnehin seit Jahren auf denselben Plätzen in der dritten Reihe.

Und wer fährt? Du, oder ich, oder Taxi? Claudia fährt, denn ich möchte Wein trinken und Taxi mögen wir beide nicht, weil die Fahrer manchmal so unangenehme Typen sind.

Heute habe ich extra sehr früh Feierabend gemacht, damit ich den Nachmittag vorschlafen kann. Tschechow ist anstrengend und da kann ich keine Müdigkeit gebrauchen und am wenigsten, dass mir die Augenringe durch den Concealer wachsen.

Wie immer kreisen Claudia und ich schon viel zu früh durch die Holtenauer Straße ums Kieler Schauspielhaus herum: Eine Viertelstunde, um einen Parkplatz in Pumpsnähe zu finden und eine weitere Stunde, um im Foyer zu stehen, Wein zu trinken und den eigenen Marktwert einzuschätzen.

Lässig sitze ich auf einem Barhocker im Foyer und mustere möglichst unbeteiligt die weibliche Konkurrenz, die einzeln, paarweise, oder in kleinen Grüppchen eintrifft, während ich an meinem Weinglas nippe.

Genau deshalb mag ich die Klassiker, da bin ich meistens die Jüngste, besonders bei Tschechow. Das war schon im Kirschgarten so. Die meisten sind deutlich älter: Viele Bequemschuhe, ein paar Verwachsene, die üblichen Ökosinger in ihren bunten Bioklamotten, ein paar ungeschickt kombinierte, hübsche Einzelteile, wenige nette Abendkleider. Mein Selbstwertgefühl steigt, ich liebe Tschechow.

"Was will die denn hier?", mache ich Claudia entrüstet auf eine junge Else aufmerksam, die in einem viel zu kurzen Fummel auf hohen Absätzen ins Foyer stöckelt. "Wie kann man so ins Theater gehen?", füge ich missbilligend hinzu, "Die Disco ist nebenan!"

"Ja, so sollte man tatsächlich nur in die Disco und nicht ins Theater gehen, Tinky Winky", erwidert Claudia, während sie mir einen ihrer unergründlichen Blicke zuwirft. Jetzt bin ich froh über mein Outfit und dass ich die Fishnets weggelassen habe, mit denen ich den dezenten Look etwas aufpeppen wollte. Wahre Damen haben sowas nicht nötig, denke ich und spitze instinktiv die Lippen, was mir stets einen leicht zickigen Ausdruck verleiht.



Mit dem zweiten Gong nehmen Claudie und ich unsere Plätze ein. Es wird dunkel im Saal und der Vorhang öffnet sich. Das Licht auf der Bühne zieht mich sofort in seinen Bann, solches Licht gibt es nur im Theater. Dieser wunderbare Guckkasteneffekt, wenn man aus dem Dunkel des Zuschauerraums auf die perfekt ausgeleuchtete Handlung schaut, echte Menschen, die direkt vor einem spielen, sprechen, rufen, schreien, weinen und schwitzen.

Das gibt es nur hier. Oh, ich liebe das Theater. Wenn die jungen Leute nur wüssten, wieviel Spaß ein Theaterabend machen kann mit allem was dazugehört, dann würden sie vielleicht das Dschungelcamp einmal sausen lassen, die tätowierten Füße in ihre besten Sneaker stecken und einen wahren Premiumabend erleben.

Dienstag, 8. Juli 2014

Die Reise nach Masuren

Der Ostblock ist mir nicht geheuer und alles andere als sympathisch: Trostlos und verdrießlich, trist und grau, grell­bunte Reklame auf bröckelndem Beton, hässliche Einfall­straßen in öde Städte, miese Camping­plätze, auf denen sich am Wochenende betrunkene Jugendliche tummeln. Doch, ich habe ein ziemlich klares Bild von Polen. 

"Bist du denn schon einmal dort gewesen?", möchte Claudia wissen und sieht mich dabei mit diesem ruhigen Blick an, der einem total auf die Nerven gehen kann. So ein Blick, wie ihn sonst nur Deutschlehrer drauf haben, die immer zu wissen scheinen, wenn man nur den Klappentext gelesen hat.

"Wieso? Was hat das denn damit zu tun?", gebe ich ausweichend zurück. Wenn man sich nicht sicher ist, ist es immer gut, eine Gegenfrage zu stellen.

"Also, warst du schon einmal in Polen, oder warst du nicht?", bohrt die beste Freundin von allen unerbittlich nach.

Jetzt darf ich auf keinen Fall Schwäche zeigen: "Ne, war ich nicht, aber ich war auch noch nicht am Nordpol und weiß trotzdem, dass es da schweinekalt ist und alles voller Pinguine", erwidere ich schlagfertig und komme mir schon etwas weniger ertappt vor.

"Hör mal, Tinky Winky," setzt Claudia ihre Predigt fort, "du solltest ein Land schon kennen, bevor du in aller Öffentlichkeit solch ein vernichtendes Urteil abgibst. Und am Nordpol gibt es übrigens keine Pinguine, das ist der Südpol", fügt sie klugscheißerisch hinzu.

"Du könntest dir Masuren ansehen, tiefblaue Seen, verlassene Landstriche, sandige Waldwege, alte Allen, Vögel und Geziefer, Sümpfe und Einsamkeit", kommt Claudia ins Schwärmen. "Das ist doch genau das, was du auf deinen Motorradreisen so schätzt."

"Meinst du wirklich, das lohnt sich, da mal hinzufahren?", frage ich misstrauisch.

"Da gibt es so Vieles, das du dir ansehen könntest: Die gewaltige Marienburg, den Elblag Kanal, die Kaschubische Schweiz, die Festung Bytow, die kurische Nehrung, die Biebrza-Sümpfe, die Wälder von Augustow, den Masurischen Kanal, der niemals fertig gestellt wurde, und natürlich Nikolaiken, das Venedig des Nordens."

"Na gut, wir können am Samstag ja mal sehen, ob es so eine Art Reiseführer von der Gegend gibt", lenke ich großmütig ein, denn ich erinnere mich, dass von Claudia auch der Tipp mit Gotland kam und der war gar nicht so schlecht, aber das können wir jetzt noch nicht wissen.

Noch vor vier Jahren habe ich über die Angst vor Polen geschrieben und bin dort nicht hingefahren, aber inzwischen gibt es einige Lichtblicke, denn wir beide haben uns weiterentwickelt, Polen und ich.

Ich durch günstige Lebensumstände und die fleißige Einnahme von Hormonen, und Polen durch den Lauf der Zeit, die Zugehörigkeit zur EU, oder vielleicht steht das Land auch nur auf einer Wasserader, ich weiß es nicht, aber die letzte Gay Pride soll zum ersten Mal eine fröhliche Party ohne Hauerei gewesen sein.

Nun ist mir die Gay Pride als solche völlig piepenhagen, aber sie ist ein wichtiger Indikator für die Toleranz und Aufgeschlossenheit einer Gesellschaft, eine Art Lackmustest, so wie Heidekraut auf sandigen Boden hinweist, denn ich habe keine Lust, verkloppt zu werden, nur weil irgend ein Hinterwäldler glaubt, er habe meinen Exmann entdeckt.

In der Buchhandlung kann ich mich für keinen der Reiseführer entscheiden und jetzt liegen beide aufgeschlagen und mit zahlreichen Markierungen versehen zwischen Infomaterial, Schmierpapier und Textmarkern auf einer Landkarte von Masuren.

Auf dem Bildschirm des iMac ist ein altes Eisenbahnviadukt zu sehen, das nahe der russischen Grenze steht. Wäre es nicht irre, da mit der Enduro rüberzufahren? Keine Ahnung, ob das geht, aber ich werde es herausfinden.

Fazit: Ich freue mich auf Polen und ganz besonders auf Masuren, aber ich bin auch ein klein wenig ängstlich, doch seinen Ängsten und Vorurteilen muss man sich stellen. Immer wieder.

PS: Natürlich bin ich nicht ganz allein unterwegs, denn Pieps und Greeny sind dabei, wie auf allen Reisen...

Freitag, 20. Juni 2014

Alltäglich und banal

Mit der Normalität ist das so eine Sache: Sie ist immer auch ein wenig langweilig. Die aufregende Zeit ist vorbei, in der jeder Schritt vor die Tür von höchster Aufmerksamkeit und ängstlicher Wachsamkeit begleitet war. Heute ist mir kaum noch bewusst, dass ich einmal trans war. Die letzte Situation war so ungewöhnlich, dass ich heute noch darüber lachen muss. 




Aber was hat sich verändert, was ist heute anders als früher, als ich noch Sven war und nicht Svenja? Abgesehen von Klamotten, Busen und MakeUp wenig und das Wenige ist auf das Älterwerden und auf die persönliche Entwicklung zurückzuführen und nicht auf Hormone und hohe Schuhe. Als ich den Switch gemacht habe, war ich erst 43, heute bin ich 52, da soll ein Mensch sich schon verändern.  

Wichtiger ist, was sich nicht verändert hat, die Dinge, für die ich wirklich brenne, sie sind noch immer dieselben: Das Reisen auf meiner Enduro mit Zelt und Schlafsack, Fotoapparat und Notizbuch und später das liebevolle Kombinieren von Texten, Grafiken und Fotos zu einem Reisebericht, die Arbeit am Computer mit Grafiktablett und Photoshop, mit html und css. Das begeistert Svenja ebenso sehr, wie es schon Sven begeistert hat. 

Aber gibt es denn gar nichts, das heute grundlegend anders ist als früher, etwas worin sich das Leben als Frau völlig unterscheidet von dem eines Mannes? 

Vielleicht eine Sache: Ich sehe Frauen und Männer heute völlig anders als früher. Frauen sind nicht mehr die verehrten Lichtgestalten, die es zu erobern gilt und Männer kommen mir heute seltsam oberflächlich vor. Das hängt damit zusammen, dass viele Männer am liebsten über Technik sprechen und selten über Zwischenmenschliches. Frauen langweilt das und so auch mich. 

Und so sitze ich im Café Fiedler beim Frühstück und schwatze mit einer Freundin über Belangloses, Zwischenmenschliches, Schuhe, Mode und Gesundheit, analysiere die neue Beziehung einer Bekannten und bespreche all die Dinge, bei denen ein Mann sich tödlich langweilen würde. 

Am Nebentisch sitzen Frauen, die ähnliche Gespräche führen. Sie sind etwas älter als ich, so dass Schuhthemen zugunsten der Gesundheit allmählich in den Hintergrund treten, aber ansonsten sind es die gleichen Gespräche. Das aktuelle Mediamarkt Prospekt interessiert diese Girls ebenso wenig wie mich selbst. 

Und auch die verstohlenen Blicke und das Getuschel fremder Menschen auf der Straße haben vor Jahren aufgehört. Das geschah so allmählich, dass es mir nicht einmal aufgefallen ist. 

Fazit: Manchmal ist es fast ein bisschen langweilig, so ein handelsübliches Frauenleben, jetzt da der Switch vollzogen und das transThema durch ist. Es wird Zeit, dass ich mir ein neues Abenteuer suche. Irgendetwas Aufregendes...

Samstag, 17. Mai 2014

800 m bis zum Start

Noch acht Mal schlafen, dann geht es wieder los, Pieps und ich fahren nach Gotland. Was als geruhsame Tour in die Sommerfrische gedacht war, habe ich in den letzten Wochen zu einer spannenden Wildnistour aufgebohrt.



Mit der Stena Germanica starten wir am Sonntag nach Göteborg und weil das Schiff fast vor unserer Haustür ablegt, kommen am ersten Reisetag nur 800 m auf den Tacho.

Für den nächsten Morgen wurde auf Wunsch einer gewissen Maus das große Skandinavische Frühstücksbuffet gebucht, so dass wir schon völlig erledigt sein werden, bevor wir überhaupt in Schweden ankommen.

Von Göteborg durchqueren wir Schweden von West nach Ost, zelten unterwegs einmal, und setzen am nächsten Tag mit der Fähre nach Gotland über.

In Visby angekommen, werden wir unser Zelt an der Ostküste aufstellen und drei Tage lang die Insel erkunden. Wir werden Visby anschauen, nach Färö übersetzen, die Grotte von Lummelunda besuchen und uns die Raukar ansehen, merkwürdig geformte Steinsäulen, die am Strand herumstehen.

Von Gotland geht es auf einer anderen Fährlinie nach Nynäshamn, südlich von Stockholm, wo wir eine Nacht in den Schären zelten. In den folgenden Tagen geht es über Sala, Falun und Mora nach Nordwesten bis in das Gebiet des Kungsleden, wo es nur noch Pampa, Schotterpisten und Einsamkeit gibt.

Für diese Reise habe ich viele interessante Schotterstrecken gesammelt, darunter eine still­gelegte Bahnstrecke, und zu einer Route verknüpft. Diese Pisten sind auf Straßenkarten nicht verzeichnet, so dass ich ein kleines GPS Gerät im Cockpit habe, wie es Geocacher benutzen. Nach dem illegalen Grenzübertritt in Tschechien bin ich ganz begeistert von dieser neuen Möglichkeit, mich in Schwierigkeiten zu bringen.

Was noch?
Den Minikanister mit 1,5 Liter V-Power nehme ich wieder mit. Schweden hat zwar genügend Tankstellen, aber oben am Kungsleden ist das Tankstellennetz dünn und außerdem komme ich auf meiner Route durch die Pampa nur durch wenige Orte.

Und noch etwas ist neu: Ich bin ab von Kettenfett! Der zähe Fettklumpen am vorderen Ritzel und die verschmierten Felgen, die will ich nicht mehr. Ich habe die Kette blitzeblank geputzt und schmiere sie ab jetzt mit klarem Sprühöl. Es wird nachberichtet...

Nach Gotland fahre ich mit dem Mountain Marathon Daune, einem etwas dünneren Sommerschlafsack, in dem ich schon in Schottland ganz prächtig gefroren habe. Auch darüber wird nachberichtet...

Hat jemand das tolle neue T-Shirt bemerkt, das mir eine Freundin geschenkt hat? Das kann man sogar auf Google Earth erkennen, so leuchtend orange ist es. Danke noch einmal dafür, Baby!

Jetzt muss ich nur noch den Einkauf für die Kabinenparty erledigen, die Pieps und ich traditionsgemäß auf jeder Schiffspassage feiern: Gebratener Schweinebauch, Senf, Schokolade und Bier. Noch acht Mal schlafen...

PS: Und ich hab nach 11 Jahren eine neue Hose gekauft, dasselbe Modell, aber diesmal in M und nicht XL...

Samstag, 5. April 2014

Nach Gotland ?

Jedes Jahr dieselbe Frage: Wohin fahre ich bloß in Urlaub? Motorrad und Zelt sind klar, aber wohin diesmal? Norwegen, Schottland, Schweden, Frankreich, Irland und England, da war ich überall schon und für eine richtig große Reise fehlt mir dies Jahr das Geld.


"Warum fährst du nicht nach Gotland?", schlägt Claudia vor, die meine miese Laune bemerkt hat.

"Wo soll das denn sein?", gebe ich leicht patzig zurück, "nie gehört." Ich habe wirklich nicht die beste Laune.

"Das ist eine Insel", erwidert sie und legt ihr Sudoku beiseite. "Die größte schwedische Insel, sie liegt in der Ostsee zwischen Schweden und Lettland."

"Ach, das Gotland meinst du", winke ich ab, während ich den Namen verstohlen auf Google Maps eintippe.

"Es ist die Sonneninsel Schwedens mit der alten Hansestadt Visby. Die Stadt ist wunderschön und gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Du kennst sie vielleicht aus dem Fernsehen, viele Szenen der Pippi Langstrumpf Filme, die du so liebst, sind da gedreht worden", versucht sie mich zu begeistern.

"Na gut, ich kann ja mal gucken", erwidere ich gnädig, während Claudia sich kopfschüttelnd wieder diesem merkwürdigen Zahlenrätsel zuwendet, das für mich überhaupt keinen Sinn ergibt, weil man nie weiß, was man in die Felder schreiben soll.

Kurz darauf in der Geobuchhandlung, dem größten Fachgeschäft für Landkarten und Reiseliteratur in Kiel:

"Hallo?", spreche ich den Typen an der Kasse an, von dem ich weiß, dass er der Inhaber ist. "Ich wollte mal fragen, ob es schon was über Gotland gibt. Landkarten, Bücher und so Zeug."

Er sieht mich fassungslos an. 

"Das liegt in Schweden", füge ich erklärend hinzu, "und ich möchte wissen, ob das bereits kartografiert ist, also ob da schon einer war, der ne Landkarte von der Gegend gemalt hat", erkläre ich den offenkundig fremden Fachbegriff.

"Nächstes Mal gehen wir aber wirklich in ein Fachgeschäft", raune ich Claudia ins Ohr, die seit Jahrzehnten ihre Landkarten hier kauft und jetzt bereits mit den Augen rollt. Sie ist wohl ebenso entsetzt über soviel Unkenntnis.

Endlich scheint der Kartenmann verstanden zu haben, denn er geht wortlos zu einem der deckenhohen Regale und sucht eine Auswahl von Landkarten zur Ansicht heraus.

Ich breite die Karten auf dem großen Tisch in der Mitte des Ladens aus und vergleiche das Kartenbild. Alle drei gefallen mir, aber meine Wahl fällt schließlich auf die Radkarte Gotland 1:100.000 und weil ich schon auf der Ecke bin, nehme ich auch noch die von Öland aus derselben Serie mit. Da hat es mir damals auf meiner ersten Schwedenreise ganz gut gefallen.

In diesem Jahr machen Pieps und ich nur eine kleine Reise. Das Fährticket Kiel - Göteborg ist schon gebucht und zum ersten Mal fahre ich mit der Stena Germanica, die mir sonst bloß jeden Abend das Zimmer volltutet, wenn sie unten im Hafen ablegt. Diesmal aber sind Pieps und ich an Bord. Am 25. Mai um 19 Uhr geht es los und ich habe für uns sogar das große Frühstücksbuffet gebucht, denn ich liebe es, an Bord zu frühstücken und danach satt und zufrieden mit der Enduro in den Tag zu starten.

Der Rest der Route steht noch nicht fest. Vielleicht zelten wir einmal wieder auf dem Vildmarks Camp in Hätteboda, ich weiß es noch nicht. Nur dass wir mit der Fähre von Oskarshamn übersetzen werden, das steht schon fest. Aber ob es danach wieder nach Hause geht, oder wir uns noch den Stockholmer Schärengarten ansehen, das mache ich von Lust und Laune, Wetter und Reisekasse abhängig.

Wenn jemand schon einmal auf Gotland war (das liegt in Schweden), dann freue ich mich über Tipps. Könnt ihr ein bestimmtes Camp empfehlen, oder etwas Sehenswertes, oder wenigstens einen guten Imbiss? Ich freu mich über Tipps und Ratschläge, denn jetzt mache ich mich daran, aus einer Idee eine Reise entstehen zu lassen.


Zur Klarstellung: Dieser Beitrag äußert sich nicht abfällig über meinen Lieblings Kartenshop, aber offenkundig ist der kleine Scherz unbeholfen formuliert, oder einfach nicht lustig und deshalb noch einmal ohne Ironie:

Die Geobuchhandlung in Kiel ist sicher die BESTE Fachbuchhandlung für Reisende, Fernreisende,  Touristen und Fernwehspinner aller Art. Man könnte nach einer Karte vom Mare Tranquilitatis fragen und der Typ hinterm Tresen würde ohne mit der Wimper zu zucken eine Karte vom Mond hervorzaubern und vermutlich hätte er sogar verschiedene zur Auswahl. Ich kaufe dort seit Jahren meine Karten und es ist ein Running Gag zwischen uns, dass ich jedes Verkaufsgespräch mit der Frage eröffne, ob es von XYZ schon eine Landkarte gibt...

Freitag, 24. Januar 2014

Nerd-Abend mit Julia

Wer mich kennt, der weiß, dass ich ein Faible für gute Filme habe.

Wichtig ist mir ein solides Dreh­buch mit einer glaubwürdigen Geschich­te. Sie darf gerne an­spruchsvoll sein und sollte stets einen zentralen Kon­flikt bein­hal­ten, der sich im Verlauf der Film­hand­lung weiter entwickelt, ohne den Zuschauer am Ende ratlos zurückzulassen.

Die Charaktere müssen so detaillreich durchge­zeich­net sein, dass ich als Zuschau­erin ihre inneren und äußere Konflikte verstehe und mich in die Figuren hin­ein­ver­setzen kann. Die Protagonisten brauchen nicht mit bekannten Namen besetzt zu sein, es ist oft erfrischender, neue unverbrauchte Gesichter zu erleben. All das, hand­werk­lich gekonnt umgesetzt und drama­tur­gisch sauber inszeniert, nenne ich einen guten Film.

Ich bin nicht auf ein bestimmtes Genre festge­legt, im Grunde mag ich alles, wo Ketten­sägen, Zombies, oder Raumschiffe drin vor­kommen. Oder wenigstens Piraten.

Bisher fanden diese Filmabende statt, wenn ich mit meinen Freundinnen frühmorgens reichlich angetrunken vom Tanzen gekommen bin und für uns alle noch Fischstäbchen gebraten habe, aber inzwischen tanze ich nicht mehr, weil es demütigend ist, wenn man dreißig Jahre älter ist, als die nächst Jüngere auf der Tanzfläche. Nein, Clubs und Discos sind over.

Deshalb habe ich mir etwas Neues ausgedacht, den Nerd-Abend. Er funktioniert ähnlich wie bisher, nur ohne die Tanzerei.

Ich stelle mir den Abend ähnlich vor, wie bei Big Bang Theory, wenn Sheldon und seine Freunde sich asiatisches Essen besorgen, einen Science Fiction Film sehen und sich angeregt darüber austauschen.

Jetzt fehlt nur noch die passende Gesellschaft. Claudia ist in dieser Hinsicht leider keine Hilfe, nicht nur, dass sie kein Blut sehen mag, sondern sie könnte einen Klingonen nicht von einem Zylonen unterscheiden. Claudie steht eher auf Filme von Francois Truffaut, einem Typen von dem außer ihr kein Cineast jemals gehört hat.

Nein, ich brauche Gesellschaft auf meinem Niveau, eine Person mit Anspruch. Ich könnte Julia fragen, sie hat ebenfalls einen erlesenen Geschmack, was Filme angeht, mag Big Bang Theory und außerdem ist sie wie Amy Farah Fowler in hübsch, während ich eher Penny bin, nur mit dunkleren Haaren.

Julia, wenn du das liest, ich hab alles besorgt, was wir für einen 1a Nerd-Abend brauchen, einen Film (World War Z), Blanchet (siehe Foto), Aspirin Plus C (noch drei Streifen in der Packung) und ich besorge uns Essen von Chau's Wok. Ich nehm die Knusperente in Erdnusssauce und du?

Fazit am nächsten Morgen: Es war ein wunderbarer Frauenabend, aber für echtes Big Bang Feeling brauchen wir nächstes Mal mehr Leute, um wirklich alle Facetten der Handlung zu ergründen und detailreich zu reflektieren: "Boah, ey, hast du gesehen, wie der eine Zombie...?!"

Samstag, 11. Januar 2014

So ein Tag

"Alles Gute zum Geburtstag," kommt Uli hinter ihrem Tresen hervor und drückt mich herzlich, als ich an diesem Morgen ins Chelsey komme. Im Hintergrund steht Claudia vor einem Tisch mit Blumen und Geschenken und grinst wie ein Honig­kuchen­pferd. Alles ist vorbereitet für mein Geburtstagsfrühstück #52. 


Mit zweiundfünfzig bin ich deutlich in der zweiten Lebenshälfte angekommen und inzwischen habe ich mich mit dem Gedanken vertraut gemacht. Ich merke, dass ich im Kampf um die ewige Jugend allmählich zurückfalle und man sieht mir auch an, dass ich älter werde.

Andererseits ist es so befreiend, nicht mehr ständig jung und hübsch aussehen zu müssen. In meiner Altersklasse bin ich gut im Rennen und das muss genügen, denn das Älterwerden hat auch viele gute Seiten:

» Aussehen und Outfit brauchen nicht mehr mit dem viel jüngerer Frauen zu konkurrieren.
» Bei meiner Garderobe schalte ich allmählich einen Gang zurück.
» Aber: Schlank zu sein, macht Vieles wett und ich kann zumindest weiterhin hübsche Sachen tragen.
» Ich genieße das Single Dasein, ich hab schon genug Stress mit meinen Haaren.
» Ich werde nie wieder in jene Schwierigkeiten geraten, wie sie aus Beziehungen entstehen.
» Mein Einkommen macht es möglich, auf bescheidenem Niveau gut zu leben und nur gute Dinge zu essen.
» Mein nächstes Motorrad darf auch ein bequemes sein (KTM 300 EXC Probe fahren).

Frage: Muss ich in Bezug auf diese Älter-Werden-Sache etwas tun?
Antwort: Nein, ich muss nur gesund bleiben und mich nicht in Schwierigkeiten bringen.

Meine Güte, ist das schön, keine Sorgen zu haben, fit zu sein und glücklich und dann auch noch Geburtstag zu haben und außerdem Wochenende und genügend Geld bei sich, um mehr als ein Glas Sekt zu trinken. Und das Chelsey ist der perfekte Ort dazu, auf dem Frühstücksbogen mache ich ein Kreuzchen bei "Rührei" und schreibe mit dem Kuli dahinter "mit Feta und Tomaten". Uli weiß dann schon Bescheid...