"Einen
Moment Ruhe bitte, ihr Lieben.", rufe ich in die Runde und klopfe
energisch an mein Glas. Unter vielen "Psst!" und "Svenja will eine Rede
halten." kehrt allmählich Ruhe ein.
"Sechs Jahre und drei Monate ist es her, dass ich euch am Ende der Frühbesprechung darum bat, noch einen Moment sitzen zu bleiben, weil ich eine Kleinigkeit anzusagen hatte."
"Sechs Jahre und drei Monate ist es her, dass ich euch am Ende der Frühbesprechung darum bat, noch einen Moment sitzen zu bleiben, weil ich eine Kleinigkeit anzusagen hatte."
Ich nehme das Portraitfoto eines Mannes mit Dreitagebart aus meiner Mappe und halte es den Kollegen entgegen.
"Kennt ihr diesen hier noch? Das war Sven. Seit meinem Outing
ist eine Menge passiert und ich denke, ihr erinnert euch noch gut an
das gruselige erste Jahr, als ich bei der Klamottenwahl ein paarmal ziemlich daneben
gelegen habe, oder?!" Erleichtertes Gelächter, ich merke, wie das Eis
bricht. Für die anderen ist das Thema vermutlich schwieriger als für
mich.
"Ich
möchte euch heute einmal danke sagen für euren Beistand
und eure Geduld. Ich weiß, dass es zu Anfang nicht immer einfach war. Aber durch die tatkräftige Unterstützung unserer Krankenabteilung und mit der Hilfe von Douglas, Deichmann und H&M habe ich es dann ja doch noch ganz gut hinbekommen."
Ich
sitze im Kreis meiner Kollegen in einem Besprechungsraum des LKA und
fühle mich rundherum wohl. Heute gebe ich auf meinen 50. Geburtstag
nachträglich ein Essen
für die Kollegen aus. Vom Partyservice unserer Küche habe ich ein Spanferkel anliefern lassen und
das Essen war absolut erstklassig. Jetzt sitzen alle satt und zufrieden an ihren Tischen und hören mir aufmerksam zu.
"Ja,"
sagt Wolf, ein Kollege mit dem ich schon vor 20 Jahren auf dem Wagen
gesessen habe, "und ich erinnere mich noch, wie wir in deinem roten
Chevy Pickup zum Einsatz gefahren sind und du bei rot quer über diese
riesige Kreuzung in Neumünster gedriftet bist. Wochenlang waren die
schwarzen Striche zu sehen." "Stimmt, ich erinnere mich daran.",
erwidere ich lachend. "Aber das war ich gar nicht, das war noch Sven."
"Ja," erwidert Jens trocken, "und heute kannst du nicht mal mehr richtig Autofahren." Alle lachen. "Hmpff...", mache ich ein angemessenes Geräusch und gucke leicht säuerlich in die Runde.
"Jedenfalls wollte ich heute einfach mal danke sagen. Ich denke, dass haben wir zusammen ziemlich gut hinbekommen."
"Auch wenn wir dich manchmal noch ER nennen? Das ist ist aber nicht böse gemeint.", wendet eine Kollegin ein. "Man muss sich ja erst mal daran gewöhnen."
"Erst einmal daran gewöhnen...", erwidere ich leicht knurrig. "Sechs Jahre! In dieser Zeit
bringe ich einem Schimpansen das Klavierspielen bei. Vielleicht nicht
auf Konzertniveau, aber für kleinere Auftritte reicht es ganz sicher.
Das sollte doch wirklich Zeit genug sein, um sich allmählich
umzugewöhnen."
"Die Hauptsache ist doch aber, dass du glücklich bist.", sagt ausgerechnet ein Kollege, von dem ich das am wenigsten erwartet hatte. "Stimmt.", sage ich, "Und das bin ich."
Fazit: Die Landespolizei Schleswig-Holstein ist ein ziemlich moderner und aufgeklärter Haufen. Natürlich sind wir keine Kuscheltruppe und dumme Sprüche gab es hinter meinem Rücken vermutlich genug, aber ich habe mich nicht unterkriegen lassen und mich immer wieder durchgebissen. Aber solange noch Kollegen in Karottenjeans, Oberhemd und Leibchen zum Dienst kommen, werde ich nie die schrägste Gestalt in unserem Laden sein... :-)
Fazit: Die Landespolizei Schleswig-Holstein ist ein ziemlich moderner und aufgeklärter Haufen. Natürlich sind wir keine Kuscheltruppe und dumme Sprüche gab es hinter meinem Rücken vermutlich genug, aber ich habe mich nicht unterkriegen lassen und mich immer wieder durchgebissen. Aber solange noch Kollegen in Karottenjeans, Oberhemd und Leibchen zum Dienst kommen, werde ich nie die schrägste Gestalt in unserem Laden sein... :-)