Montag, 30. März 2009

Lesbische Filmnacht

Svenja and the CityHeute abend muß es lila sein. Lila Stiefel, lila Shirt und sogar ein lila Schal. Ich sehe ein bisschen wie meine alte Kunstlehrerin aus der Untertertia aus.
Ich bin unterwegs zur lesbischen Filmnacht im Kieler Cinemaxx. Veranstalterin dieser bundesweiten Filmreihe ist die L-Mag, Deutschlands größtes Lesben Magazin. Es wird jeden Monat ein Film mit lesbischer Thematik gezeigt, der bundesweit in vielen Cinemaxx gespielt wird.

Der Gang vom Parkhaus ins CAP und dort bis zum Cinemaxx ist so unangenehm, wie ich das erwartet hatte. Sollte jemand Vorurteile gegen junge Migranten haben, dann kann er sie hier bestätigen lassen. Ohne die L-Filmnacht setze ich nicht einen Fuß in dieses "Erlebniscenter". Einfach keine gute Gegend.

Schließlich sitze ich in Saal 9 und entdecke unter den anderen Girls auch sofort ein paar bekannte Gesichter. Wir sind nur etwa 40 Frauen und ich komme mir in dem großen Saal mit 300 Sitzplätzen ein wenig verloren vor. Trotzdem ist die Stimmung super. Obwohl mein Passing inzwischen wirklich gut ist, bin ich leicht als T-Girl zu erkennen: Außer mir trägt niemand Frauenkleider.

Der Film Out at the Wedding ist eine leichte Hollywoodkomödie, die im englischen Originalton gezeigt wird. Ich bin richtig erstaunt darüber, dass der Film so unbekannt ist und nie den großen Durchbruch geschafft hat, denn ich finde ihn richtig lustig.

Cathy DeBuono LesbeDer Film plätschert anfangs heiter und seicht vor sich hin, bis zum ersten Mal Cathy DeBuono auf der Leinwand erscheint. Wow, welch eine Wahnsinns Frau! Ich bin sofort hingerissen. Cathy ist eine große dunkelhaarige Frau mit breiten Schultern und kräftigen Armen. Anfangs denke ich, sie ist auch trans, aber das ist ein Irrtum.
Ihr müsst euch unbedingt den Youtube Clip ansehen. Die zweite Szene, in der Cathy der blonden Jeannie Baseball erklärt, ist für mich unglaublich erotisch und total romantisch.

Fazit: Die L-Filmnacht ist eine tolle Veranstaltungsidee und auch Transgender sollten sich hier wohlfühlen. Die Filmreihe würde allerdings viel besser in das Kommunale Kino in der Pumpe passen, oder in den Filmclub der Hansa48. Dennoch werde ich wieder hingehen, mich aber beim nächsten Mal etwas schlichter anziehen. Springerstiefel statt Peeptoes :-)




Samstag, 28. März 2009

T-Girls und russische Türsteher

Svenja and the City NightfeverHeute abend will ich tanzen! In Kiel Wellingdorf soll es einen neuen Laden geben, das Nightfever. Und obwohl das Kieler Ostufer für mich als T-Girl sonst NoGo Area ist, will ich dort heute abend probetanzen.

Doch vor das Tanzvergnügen haben die Götter zwei russische Türsteher in schwarzen Ledermänteln gesetzt. Sie sehen uns ebenso mißtrauisch an, wie wir sie. Ich bin froh, dass ich Claudia überreden konnte mitzukommen, denn wir sind beide mindestens einen Kopf größer als die Jungs. Das kann aber auch ein bisschen an meinen neuen hohen Stiefeln von Deichmann liegen :-)

Doch mit einem freundlichen "Guten Abend" werden wir zur Garderobe durchgelassen. Hier lerne ich Sandra kennen, die süße Blonde, die Samstags die Garderobe macht. Sie erzählt mir, dass das Nightfever gerade erst neu eröffnet wurde und heute abend ein neues Musikkonzept ausprobiert wird. "Ein Stern der deinen Namen trägt" wird sich abwechseln mit Songs aus den aktuellen Charts. "Hah," denke ich: "endlich Amy Whinehouse statt Andreas Martin, yipppieh! Der Abend kann gut werden."

Als wir endlich drin sind, bin ich erstaunt über die neue Einrichtung. Viele Nischen mit roten Velourssesseln und kleinen runden Tischen. Dazu eine extra lange Bar und am Ende die Tanzfläche mit dem DJ. Das sieht schon mal sehr gut aus, aber hoffentlich kriegen die das mit der Musik auch richtig hin, denn einen weiteren Abend "Hölle, Hölle, Hölle" ertrag ich nicht.

Wir setzen uns an die Bar direkt neben der Tanzfläche. Falls sie Valerie spielen, will ich nicht einen einzigen Takt sitzend verpassen.
Das neue Musikkonzept im Nightfever erweist sich als die perfekte Mischung zum tanzen für jung und alt. Der DJ spielt abwechselnd vier bis fünf Songs von Roland Kaiser und seinen Mittätern und danach wieder Songs aus den aktuellen Charts. Die Idee ist ebenso einfach wie genial, denn alle kommen heute abend auf ihre Kosten. Während die Discofoxer selig über den Dancefloor schweben, sitze ich an der Bar und trinke mein alkoholfreies Bier. Weißwein wäre mir zwar lieber, aber Tanzen, Alkohol und HighHeels sind keine glückliche Mischung, wenn man sich nicht total zum Löffel machen will.

Svenja and the City TransgenderInzwischen hat natürlich der ganze Laden mitbekommen, dass zwei T-Girls anwesend sind. Ich mache mir ein bisschen Sorgen, denn ein großer Teil des Publikums sind junge Russen und ihre Girls, die den Wodka schneller trinken als ich mein Clausthaler. Es gibt aber absolut keinen Ärger an diesem Abend. Wir werden zwar voller Neugier, aber durchaus freundlich beäugt.

Als der DJ mit "I am what I am" die Hymne aller Andersartigen auflegt, sind Claudia und ich nicht mehr zu halten. Wir haben den Dancefloor fast für uns alleine und das Publikum im Nightfever rockt von den Plätzen aus richtig mit. Irgendwie scheint jeder zu begreifen, dass das "unser Song" ist.

Lange nach Mitternacht, als ich meine Füße schon kaum noch spüren kann, brechen Claudia und ich auf und machen uns auf den Weg zurück in die City. Dort geraten wir später noch in eine Junggesellinnen Abschiedsparty, aber das ist eine Geschichte für einen anderen Tag.


Fazit: Das Nightfever ist ein tolles Tanzlokal. Mit dem neuen Musikkonzept füllt es die Lücke zwischen Disco und Tanzpalast. Wenn die Türsteher es weiter so gut schaffen, den Laden von unangenehmen Typen freizuhalten, wird das Nightfever meine neue Stammdisco. Ein Geheimtipp für Transgender in Kiel ist es auf jeden Fall.

Nightfever Kiel
Schönbergerstrasse 22
24148 Kiel Wellingdorf
Tel.: 0431/6694520
geöffnet Freitag und Samstag ab 20 Uhr


Mittwoch, 25. März 2009

Wenn Passing zum Problem wird

Perfektes Passing an sich ist eine tolle Sache. Jahrelang habe ich alles dafür getan. Es wurde gelasert, gezupft, geschminkt, gestylt und Hormone genommen, um endlich überzeugend weiblich zu wirken.

Nie zuvor hatte ich mir Gedanken darüber gemacht, dass gutes Passing ganz eigene Probleme mit sich bringen kann. Ich bemerke das zum ersten Mal in Gary's Tanzpalast, als mich ein wirklich sympathischer Typ zum Tanzen auffordert. Erstens kann ich nicht zusammen tanzen und zweitens steh ich nicht auf Männer. Selbst dann nicht, wenn sie wirklich sympathisch sind.

Dieser ist groß, gar nicht hässlich und dazu von charmanter Hartnäckigkeit. Schließlich lasse ich mich erweichen und tanzte einen Song zusammen mit ihm. Er führt beim Tanzen natürlich und mir wird es doppelt unheimlich. Er ist völlig begeistert darüber, endlich eine Frau in passender Größe gefunden zu haben und mir wird klar, er merkt nicht, dass er mit einer Vierjährigen tanzt.

Ich bekomme es ein bisschen mit der Angst zu tun. Was mache ich nur, wenn er es plötzlich doch an meiner Stimme hört? Oder noch schlimmer: Sein Kumpel fragt ihn, ob er jetzt auf Kerle steht. Wie soll ich mich nur verhalten? Sag ich es ihm einfach ungefragt? Nein, auf keinen Fall. Ich bin total verunsichert und verschwinde unmittelbar nach unserem Tanz ein bisschen überstürzt aus dem Laden. So ein Mist. Für alles Mögliche hatte ich mir Pläne zurecht gelegt aber hiermit bin ich überfordert.

Solange die Menschen mich gleich als T-Girl erkannt haben, war alles in Ordnung. Ich spielte automatisch mit offenen Karten und andere konnten sich darauf einstellen. Aber heute abend kam ich mir vor wie eine Mogelpackung und das fühlte sich gar nicht angenehm an. Dazu ist der Typ einfach zu nett gewesen.

Diesmal bin ich auf eure Hilfe angewesen. Wie hätte ich mich verhalten sollen? Klickt einfach auf das blaue Wort Kommentare und schreibt mir eure Meinung dazu.
Macht perfektes Passing jeden Transgender automatisch zur Mogelpackung?
Sind wir vielleicht sogar moralisch dazu verpflichtet, jeden mit der Nase darauf zu stoßen?

Oder ist es wie bei jeder BioFrau auch? Ein Drink und ein Tanz bedeuten nicht, dass wir auch heiraten werden.

Lasst mich nicht hängen und schreibt mir eure Meinung.

Dienstag, 24. März 2009

Gary's Tanzpalast

"Wotka?", fragt mich Alexander, der junge Russe in den weißen Schuhen. "Njet", antworte ich zum dritten Mal. Alexander ist ein hartnäckiger Typ und gibt so schnell nicht auf, aber schließlich begreift er doch, dass ich keinen Wodka trinken will und verzieht sich mit freundlichem Grinsen an seinen Tisch.

Ich sitze voll aufgestrapst in Gary's Tanzpalast in der Rendsburger Landstraße und hoffe, dass endlich ein Song läuft, zu dem auch ich mich bewegen kann. Bis jetzt sind wir über "Hölle, Hölle, Hölle" und "Ein Stern der deinen Namen trägt" nicht hinausgekommen. Doch der deutsche Schlager und mein Tanzstil passen leider so gar nicht zusammen. Schließlich kommt doch noch Amy Whinehouse mit Valerie und während die ältere Generation fluchtartig den Dancefloor räumt, habe ich die Tanzfläche für mich allein.

Das Gary's ist wirklich ein sehr nettes Tanzlokal, aber es ist keine Disco. Der Tanzpalast ist gemütlich eingerichtet, hat ausnehmend freundliches Personal und betreibt außerdem die schlechteste Website, die ich jemals gesehen habe. Diese ist ein Highlight für sich und unbedingt einen Besuch wert.

An diesem Abend wird es mir im Tanzpalast schnell langweilig, denn schon bald werden nur noch deutsche Schlager gespielt. Während begeisterte Hausfrauen zur Musik von Andreas Martin über die Tanzfläche schweben, lasse ich mir meinen Mantel geben und fahre noch auf einen Wein ins Trafo.

Das es auch anders geht, erfahre ich später im Nightfever am Kieler Ostufer, wo Charts und Schlager abwechselnd gespielt werden. Doch das ist eine Geschichte für einen anderen Tag.

Montag, 23. März 2009

Ein tolles Passing Erlebnis

Ich werde immer wieder gefragt, was Passing bedeutete. Was bedeutet das Wort? Heute war ich bei Rossmann und da ist mir etwas ganz Tolles passiert, damit kann ich es gleich an einem Beispiel erklären.

Wie ich so in der Kosmetikabteilung abhänge und schon den tausendsten Wimpernroller ausprobiere, sehe ich plötzlich ein bekanntes Gesicht. Silke, die beste Freudin meiner geschiedenen Frau.

Wir kannten uns einmal sehr gut, denn schließlich waren wir einmal befreundet und Silke ging bei uns ein und aus. Aber jetzt haben wir schon sehr lange nichts mehr miteinander zu tun.

Transgender Passing was ist dasIch stöckele also mit einem breiten Lächeln auf sie zu und schaue ihr dabei ganz offen und freundlich mitten ins Gesicht. Silke ist total verunsichert und schaut immer wieder weg, bis ich schließlich genau vor ihr stehe.

Plötzlich wird mir klar: "Die erkennt dich gar nicht." "Hallo Silke, so eine Überraschung, ich bins, Sven_ja", flöte ich ihr freundlich entgegen. Da endlich erkennt sie mich.
"Nein,"
antwortet sie auf meine Nachfrage, "ich hab dich wirklich nicht erkannt und immer gedacht, was will die Frau denn von mir, was guckt die mich so an?!"


Nach wenigen Worten verabschieden wir uns und ich gehe glücklich nach Hause.

Offensichtlich merkt doch nicht gleich jeder, dass ich mein eigener ExMann bin. Und genau das nennt man gutes Passing :-)

PS: das Foto hab ich bei Rossmann hinterher mit Selbstauslöser gemacht. Nicht dass ihr denkt, ich hab immer ein Kamerateam dabei :-)

Sonntag, 22. März 2009

West Side Story in Kiel

Das ist Nummer Fünf, flüstert Claudia mir leise ins Ohr. Der fünfte Besucher schon, der in Jack Wolfskin und Fjällräven in die Oper kommt. Hab ich eine Unwetterwarnung verpasst? Ich hab mein neues Kleid von C&A an und hoffe, dass nicht noch jemand heute Abend in diesem Fummel für 19,90 € auftaucht. Außer wenn sie dicker wäre als ich, dann ist es in Ordnung.

Wir sind natürlich wie immer eine satte Stunde zu früh im Opernhaus. Schließlich ist vor Beginn der Vorstellung noch vieles zu erledigen. Da müssen Erinnerungsfotos geschossen werden, Leute begrüßt und Kleider belästert werden und der Sekt an der Bar im Foyer trinkt sich schließlich auch nicht von allein. Ein volles Programm also, bis sich endlich der erste Vorhang hebt.

Dann ist es soweit, im Zuschauerraum wird es still und der Vorhang hebt sich. Das Bühnenbild zeigt einen seelenlosen Platz mit großen Betonröhren. Es könnte der Platz unterhalb einer Autobahnbrücke sein und überträgt das Ghetto Thema der West Side Story in die heutige Zeit.

Später zeigt sich, wie ungeheuer verwandelungsfähig diese Bühne ist. Die Seiten können geschwenkt werden und machmal fährt eine ganze Häuserzeile, darunter auch Marias Haus, in den Vordergrund der Bühne. Toll gemacht und dabei nicht so modern, dass man den Bezug zur originalen Westside Story verlieren könnte.

Die erste Szene beginnt gleich mit einem actionreichen Fight der Jets gegen die Sharks und es fällt sofort auf, wie unglaublich gut die Tänzer sind. Später erfahre ich, dass die Aufführung gemeinsam mit der Kieler Ballett Company aufgeführt. Viele der Tänzer stehen zum ersten Mal in einer Sprechrolle auf der Bühne und doch sind sie hervorragend. Die Tanzeinlagen zeigen eine Mischung aus Musical Dance und Ballett, die mich schier umhaut. Hier kommt das ganze Können einer professionellen Ballett Company dem Musical zugute. Wow, ich bin von der ersten Szene an gefesselt.

Und es gibt ein weitere Anleihe des Musicals, die das gesamte Publikum an diesem Abend begeistert. Es ist die Opernsängerin Susan Gouthro, die mich schon in Turandot so begeistert hat. Sie singt die Maria mit solchem Können, dass wir atemlos lauschen. Von ganz leise, zart und zerbrechlich baut sie plötzlich einen solchen Druck auf und singt mit ungeheurer Power alle anderen auf der Bühne mühelos an die Wand. Die Rolle der Maria in einem Musical mit einer Opernsängerin wie Susan Gouthro zu besetzen, heißt mit Atomraketen auf Spatzen zu schießen, aber gerade das begeistert das Publikum heute abend. Und wie schon bei Turandot, erhält die sympathische Kanadierin an diesem Abend den größten Applaus.

Als Tony und Maria ihr Liebeslied "One Hand, one Heart" singen, bin ich in Tränen aufgelöst. So viele alte Erinnerungen werden wach. Aber heute abend habe ich vorgesorgt. Ich habe meinen neuen wasserfesten Wimpernroller von Nivea aufgetragen.
Die Tränen laufen mir zwar immer noch hemmungslos die Wangen herunter, aber wenigstens tropft das Maskara mir heute nicht in den Ausschnitt.

West Side Story in Kiel? Am liebsten würde ich es noch einmal sehen.

Samstag, 21. März 2009

Cafe Impresso Chillout Lounge

Cafe Impresso Live MusikEs ist Freitag, es ist Wochenende und endlich Frühlingsanfang. Yipppieh! Ich komme vom Dienst, stelle mein kleines Auto zuhause in die Tiefgarage und stöckel so schnell die Deichmänner tragen durch die Fußgängerzone in den Sophienhof.

In der Buchhandlung Weiland, ganz hinten in der Ecke finde ich das kleine, gemütliche Café Impresso. Von einer Freundin habe ich erfahren, dass hier seit kurzem jeden Freitag nachmittag ein richtig guter Pianospieler auftritt. Und tatsächlich höre ich schon in Höhe der Fantasy Romane aus der Ferne sanfte, weiche Klänge.


Da sitzt ein junger, sympathischer Typ im weißem Oberhemd mit Weste an einem Keyboard und spielt traumhaft schöne Melodien. Später erzählt er mir, sein Name ist Thies, er ist 24 Jahre alt und hat alle Songs selbst geschrieben. Wow, ich bin mehr als nur ein bisschen beeindruckt. Auf meine Frage nach einer CD erfahre ich, dass die gerade produziert wird. Anfang April kommt sie auf den Markt und wird auch hier im Café zu kaufen sein. „Die muß ich haben“, denke ich. „Das ist genau meine Musik zum Entspannen.“

Auf die Frage nach der Stilrichtung ist Thies selbst ein bisschen ratlos. Charmant fragt er die nette Service Crew des Cafés um ihre Meinung. „Filmmusik“, sagt die Eine mit der fröhlichen grünen Tunika. „Chillout Musik“, meint eine andere. „Richtig,“ denke ich. „Das ist es, Chill Out Music.“

Bei diesen Klängen wird das Café Impresso zur Chillout Lounge und bietet einen wunderbaren Start in ein entspanntes Wochenende. After Work mal ganz anders.

Für Transgender ist das Café Impresso ein sicherer und angenehmer Ort, hier fühle ich mich wohl. Das gilt ebenso für die ganze Buchhandlung Weiland. Die Menschen, die mit unserem Anblick so ihre Schwierigkeiten haben und von denen ich manchmal dumme Bemerkungen höre, treffe ich nie in Buchhandlungen und auch nicht in der Stadtbücherei. Gibt es da vielleicht doch einen Zusammenhang zwischen Toleranz und Bildung? Wie ist eure Meinung?

Café Impresso
Im Sophienhof, Querpassage
Mo - Fr 10 - 20 Uhr
Live Musik Freitag nachmittags ab circa 16:00 Uhr

Freitag, 20. März 2009

Svenja-and-the-City goes After Work

"Wann war eigentlich diese Konferenz, auf der alle Bars beschlossen haben, dass After Work Parties erst um kurz vor Mitternacht beginnen dürfen? Und warum immer Donnerstags?"

Dieser Frage will Svenja-and-the-City heute auf den Grund gehen. Als Studienobjekt habe ich mir das Kieler Trafo ausgesucht. Erstens weil ich da zu Fuß hinstöckeln kann und zweitens mag ich im Trafo total gerne tanzen. Ich überlege, was ich anziehen soll und entscheide mich schließlich für ein langes schwarzes Kleid und meine schlichten schwarzen Pumps. Schließlich kann man niemals overdressed sein.

Die After Work heißt im Trafo After Business Party und beginnt jeden Donnerstags um 21:02 Uhr. Zu dieser Zeit, renne ich sonst zuhause schon im Nachthemd durch die Gegend und zähle die Stunden, bis ich um 5:25 Uhr wieder aufstehen muß. Aber heute will ich es wissen und frage Andreas, den Inhaber des Trafo, warum die After Work immer erst so spät startet. Die Party sollte besser schon um 18 Uhr beginnen und dafür um Mitternacht zu Ende sein. Das wäre cool und ich wäre sicher viel häufiger dabei.

"Nein," sagt Andreas, "das funktioniert in Kiel nicht. Die Kieler gehen vor 22 Uhr überhaupt nicht los. Die sitzen eher noch auf dem Sofa und gucken einen Film bevor sie endlich auf die Piste gehen. Hier ist meistens erst ab zehn so richtig was los. In Hamburg gibt es solche echten After Work Parties, die wirklich gleich nach der Arbeit starten. Aber nicht hier in Kiel. Vor zehn ist überall tote Hose."
Ich schaue mich um und gebe Andreas Recht. Sind After Work Parties in Wirklichkeit After No Work Parties für Menschen, die Freitags gar nicht arbeiten? Ich weiß die Antwort nicht, aber fast kommt es mir so vor, denn richtig voll wird die Bar erst gegen elf. Sechseinhalb Stunden noch, dann klingelt schon mein Wecker und ich habe erst ein Glas Wein getrunken und nur zwei Lieder getanzt.

Das Tanzen macht im Trafo übrigens richtig Spaß. Die kleine Tanzfläche mit dem DJ-Pult in der Ecke hat genau die richtige Größe und die Musik ist hier niemals zu laut. Als Transgender Girl falle ich den Leuten natürlich auf. Ich bin einen guten Kopf größer als die BioFrauen um mich herum und blicke selbst auf die meisten Männer herab.

Trotzdem kann man als Transgender beruhigt ins Trafo gehen. Das Publikum ist aufgeschlossen, tolerant und überwiegend älter als 30. Man kommt zwar nicht so leicht ins Gespräch, aber dafür wird man auch nicht belästigt.

Ich gehe gegen 1 nach Hause und stöhne beim Gedanken an das frühe Aufstehen morgen früh. Aber heute muß das reichen. Am nächsten Donnerstag aber, da werde ich alle verblüffen wenn ich erst gegen halb elf auftauche und locker bis morgens durchtanze. Ich nehme einfach den Freitag frei. Früh zu Bett zu gehen ist schließlich nur was für Spießer!

Meine Klamotten an diesem Abend waren fast billiger als die Barrechnung.
Kleid: C&A 19,90 €
Pumps: Charly's 16,90 €
Strumpfhose: eBay 2,90 €
Erst auf dem Foto zu merken, dass die Strümpfe oben zu sehen sind: unbezahlbar!

Montag, 16. März 2009

Frauenwahlrecht für Svenja

"Entschuldigen Sie, aber ich wähle zum ersten Mal als Frau. Können Sie bitte ein Foto von mir machen, wie ich den Stimmzettel in die Urne werfe?"

Heute ist Oberbürgermeisterwahl in Kiel und die drei Wahlhelfer im Klassenraum der 3a sehen mich verblüfft an, bevor wir gemeinsam über die ungewöhnliche Situation lachen müssen.

Ich verschwinde in der kleinen Wahlkabine aus Sperrholz und mache in Ruhe mein Kreuz. "Das hat ja prima geklappt," denke ich. "Wieder so ein Stück Alltag und Normalität, dass du dir als Frau ganz neu erobert hast." Für Außenstehende wirkt das völlig belanglos, aber ich bin richtig stolz auf mein neu erworbenes Frauenwahlrecht.

Ich verabschiede mich von den drei netten Wahlhelfern und gehe in Gedanken versunken die paar Schritte zurück nach Hause. Welch ein Glück ich habe, in einem freien Land zu leben und wie problemlos der Wechsel von Sven zu Svenja bis jetzt verlaufen ist. Eine TransFreundin aus dem Iran hat mir berichtet, dass ihr zuhause die Todesstrafe gedroht hätte. Puh, dagegen sind meine eigenen Probleme geradezu ein Witz und kommen mir plötzlich ganz winzig vor.

"So," denke ich. "Das Wahlrecht ist geschafft." Damit wird meine weibliche ToDo Liste immer kleiner. Mir fällt spontan nur noch eine Flugreise ins Ausland ein. Am liebsten in die USA zu meiner Freundin Dian in die Südstaaten. Aber so verrückt bin vielleicht nicht mal ich ...

Sonntag, 15. März 2009

Transgender Führer Kiel

Hallo Leute, heute war ich richtig fleißig. Zuerst bin ich zur Wahl gegangen und danach hab ich tatsächlich noch zwei neue Seiten für meinen Transgender Führer Kiel gemacht.

Die eine Seite stellt die Transgender Selbsthilfegruppe in Kiel vor und die andere neue Seite befasst sich mit dem Alltagstest der Transsexuellen.
Was ist das überhaupt, so ein Alltagstest? Worauf muß ich achten und vor allem: muß ich Angst davor haben?

Aber lest selbst ...

Samstag, 14. März 2009

Happy Birthday, little Darling

Heute wird meine Tochter Vanessa 18 Jahre alt und ich kann nicht dabei sein. Ich rufe sie zuhause an und habe Glück: Nessi geht selbst ans Telefon. Ich gratuliere ihr von Herzen und wir sprechen so nett und vertraut miteinander, wie das schon immer war. Mir geht das Herz auf und ich empfinde die tiefe elterliche Liebe und Zuneigung zu meiner Tochter. Natürlich bin ich auch weiterhin für sie der Papa, selbst wenn ich nicht mehr so aussehe. Es macht mich total glücklich, wenn sie mich Papa nennt und ich dabei die Wärme in ihrer Stimme hören kann. Wir sprechen kurz darüber, weshalb es besser ist, wenn ich nicht zu ihrer Geburtstagsfeier komme. Die Familie meiner geschiedenen Frau reagiert schon ziemlich aggressiv ablehnend auf mich und das könnte diesen wunderbaren, wichtigen Tag vergiften.

Irgendwann ist unser Gespräch zu Ende und natürlich breche ich mal wieder in Tränen aus. Langsam nervt mich diese übertriebene, weibliche Emotionalität. Ich kriege mich kaum wieder ein und bin jedesmal aufs Neue erstaunt darüber, wie heiß sich meine Tränen anfühlen.

Jetzt habe ich mich gerade genug im Griff, um mir den Kummer von der Seele zu schreiben. Merkwürdig, aber das hilft ein bisschen. Hoffentlich schreibe ich nicht so emotional, dass ich es morgen bereue und alles wieder lösche, wie ich es schon so oft getan habe. Andererseits möchte ich mich aber auch immer an diesen 14. März 2009 erinnern können.

An manchen Tagen raubt mir die Traurigkeit um den Verlust meiner Familie jede Freude und jeden Lebensmut. Immer wieder muß ich daran denken, was ich verloren habe. Fünf Kinder, eine Ehefrau und absolut alle gemeinsamen Freunde. Dabei hat meine Transsexualität an der Trennung keine Schuld gehabt, darüber sind Tina und ich uns einig geworden. Meinen Weg von Sven zu Svenja habe ich schließlich erst begonnen, nachdem ich schon alleine in Kiel gewohnt habe.

Jedenfalls feiert meine Familie heute ohne mich und es bricht mir fast das Herz. Doch selbst wenn ich dabei sein könnte: ich gehöre nicht mehr dazu und dieses Gefühl tut am meisten weh.

Welch ein sch... Tag!

Dienstag, 3. März 2009

Live Musik im Kieler Trafo

Heute abend gehe ich ins Trafo, dem derzeit angesagtesten Club der Stadt. Die edle Bar mit der coolen Clubatmosphäre hätte gut in eine Folge von Sex-and-the-City gepasst, doch heute reicht es lediglich für eine Episode von Svenja-and-the-City.

Ich habe Glück und ergattere den besten Platz an der Bar direkt vor der Bühne. Andreas Werner, Inhaber und Chefbarmixer der Trafo Bar begrüßt mich freundlich. Seine Idee war es auch, den Dienstag mit einer dreimonatigen Konzertreihe "Trafo unplugged" aufzuwerten.

Den Anfang machen heute Joy Smith and Friends. Friends, das ist an diesem Abend Kaya, die ich bis jetzt nur als Moderatorin der Morning Show auf Delta Radio kenne. Sie hat eine hammer rauchige und total erotische Stimme und ist der einzige Grund, weshalb ich jemals Delta Radio gehört habe.

Als die Band ihren ersten Soundcheck macht und die 18 jährige Joy Smith ein paar Zeilen ins Mikrofon singt, gibt es einen echten Wow-Effekt. Welch eine tolle, kraftvolle Stimme. Die ersten beiden Songs bringen Joy und Marc Smith alleine und das Publikum ist schnell begeistert von dem leidenschaftlichen Musiker und der kleinen Joy aus Neumünster. Als Kaya eintrifft, wird sie sofort auf die Bühne geholt und gemeinsam singen die Beiden mit "Warwick Avenue" einen meiner absoluten Lieblingssongs. Die Beiden sind wirklich klasse.

Wegen meiner Transsexualität gibt es an diesem Abend keine Probleme. Das Publikum im Trafo ist eher ein wenig upper class ohne den sonst üblichen Anteil von Bildungsfernen. Hier kann man auch als Transgender in Ruhe hingehen, ohne belästigt zu werden. Ich muß das Trafo unbedingt in meinen Kiel Führer mit aufnehmen.

Inzwischen geht das Konzert weiter und Kaya gibt eine sagenhafte Interpretation eines Alicia Keys Songs. Die Stimmung ist wirklich gut im Trafo an diesem ersten Konzertabend live and unplugged. Es könnte ruhig noch ein wenig voller sein, auch wenn die Bar ganz gut besucht ist. Schließlich singen Joy und Kaya mit "Let it Rain" von Amanda Marshall für mich den Song des Abends. Nach einer Zugabe geht das Konzert mit reichlich Applaus zu Ende. Als Joy dem Publikum beichtet, dass sie keine weitere Zugabe geben kann, weil ihr Zug gleich fährt, müssen alle zusammen lachen mit der kleinen sympatischen Sängerin aus Neumünster. In den nächsten Wochen ist Joy noch ein paarmal im Trafo zu hören. Der Eintritt für den gelungenen Abend kostet nur 8 € und lohnt sich auf jeden Fall.

Auf dem Weg nach Hause gehe ich noch auf einen letzten Wein in die Chaplin's Bar, bevor ich endgültig nach Hause stöckele. Ein netter Abend und ein neuer Ausgeh Tipp für T-Girls in Kiel.