"Kann ich mich mal auf die neue Teneré setzen?" Der Verkäufer schaut mit ungläubigem Blick auf meinen Jeansmini. "Keine Angst, das geht. Der ist mit Stretch." Mit derselben Bewegung, mit der ich schon tausendmal auf meine Enduro gestiegen bin, schwinge ich das Bein über die Sitzbank. "Kannst du mal meine Handtasche holen? Da ist ne Digitalkamera drin. Mach mal ein Foto von mir auf der neuen Tenéré", bitte ich den jungen Verkäufer bei MTK in Kiel. "Und pass ja auf, dass auch die Schuhe mit drauf sind."
Vor einigen Jahren habe ich hier eine Yamaha Sportenduro gekauft und der Verkäufer erinnert sich an mich. Damals hieß ich noch Sven und der Händler braucht einen Moment, bis er die neue Situation erfasst hat. Doch er fängt sich schnell und wir unterhalten uns begeistert über die tolle neue XT660Z Tenéré. "Wow!", denke ich. "Wenn ich das Geld hätte, würde ich sofort mit der XT aus dem Laden fahren."
Vor einigen Jahren habe ich hier eine Yamaha Sportenduro gekauft und der Verkäufer erinnert sich an mich. Damals hieß ich noch Sven und der Händler braucht einen Moment, bis er die neue Situation erfasst hat. Doch er fängt sich schnell und wir unterhalten uns begeistert über die tolle neue XT660Z Tenéré. "Wow!", denke ich. "Wenn ich das Geld hätte, würde ich sofort mit der XT aus dem Laden fahren."
Noch vor wenigen Monaten bin ich als Svendura mit Zelt und Schlafsack auf meiner KTM Adventure durch die Wälder gedüst. Meine Website Svendura war richtig bekannt und lange auf Platz 1 bei Google zum Suchbegriff Endurowandern, der noch heute von Reiseveranstaltern heiß umkämpft ist.
Trotzdem habe ich das Endurowandern aufgegeben. Es hat mich genervt, dass ich in meinen Motorradsachen in jedem Camp automatisch für einen Mann gehalten wurde. Spätestens bei der Wahl von Waschraum und Toilette stand ich jedes Mal vor einem Dilemma.
Aber heute habe ich einen Flash und vermisse es total, mit meiner Enduro auf Abenteuerreisen zu gehen. Ich muß immer an meine schönste Reise zurückdenken. 2007 bin ich mit meinen Kumpels Werner und Markus nach Norwegen gefahren. Wir sind über Schotterpisten geheizt, haben wild gecampt, sind bei Schneetreiben über Pässe gefahren, wir haben Rentiere gesehen und wir sind sogar ein paarmal im Schnee stecken geblieben. Welch ein wunderbares Abenteuer. Aber ob ich sowas heute wirklich noch tun möchte? Ich weiß, dass ich es noch kann, aber will ich das überhaupt noch?
Vielleicht fällt mir die Antwort leichter, während ich auf einer nagelneuen Enduro sitze. Nach dem Dienst fahre ich ohne mich umzuziehen das kleine Stück rüber zu MTK, unserem Kieler Yamahahändler und sehe mir die neue Tenere an. Sie hat zwar nicht soviel Power, wie meine alte KTM, aber das ist mir als Mädchen heute egal. Schließlich will ich damit ja nicht mehr im Wheelie die Kieler Bergstraße hochfahren, sondern einfach schöne Reisen mit Zelt und Schlafsack durch Europa machen.

Aber wer bin ich dann? Bin ich wieder der alte Sven? Oder bin ich schon Svenja auf ihrer neuen Enduro? Und was ist mit Klamotten, Haaren und MakeUp? Ich weiß nicht, ob ich schon stark genug bin, ohne diese weiblichen Attribute auszukommen und immer wieder für einen Kerl gehalten zu werden. "Sind Sie ein Indianer?" fragte mich eine alte Dame auf meiner letzten Deutschlandreise ganz ehrfürchtig, als sie meine langen schwarzen Haare sah. "Sie sind aber ein schöner Mann," fügt sie hinzu und gibt mir damit den Rest.
Ein kurzer Blick auf mein Konto nimmt mir die Entscheidung vorerst ab. Ein Motorradkauf ist finanziell einfach nicht drin. Aber dennoch: Irgendwann geht Svenja Svendura wieder auf eine große Abenteuertour. Das verspreche ich mir heute selbst!