Sonntag, 15. Februar 2009

Ergebnis der Umfrage Transgender

Ich hatte euch die Frage gestellt, wie euer Bezug zum Thema Transgender ist. Ihr hattet eine Woche lang Zeit, eure Stimme abzugeben. Das Ergebnis hat mich überrascht:

Zwei Drittel meiner Leser sind selbst Transgender.
17 % kennen jemanden, der Transgender ist.
15% lesen den Blog, ohne irgendeinen persönlichen Bezug zum Thema Transgender zu haben.

Für mich ist es überraschend, dass nur 15% der Leser keinen Bezug zum Thema Transsexualität haben. Ich hatte mit einem wesentlich höheren Anteil unbeteiligter Leser gerechnet.

Leider wurden bei dieser Abstimmung nur 39 Stimmen abgegeben, das ist wirklich mager angesichts der hohen Zugriffszahlen täglich auf den Blog.

Bitte gebt mir doch eure Anregungen für weitere Umfragen. Mir fällt momentan nichts dazu ein und solange nehme ich das Abstimmungsmodul wieder raus.

Samstag, 7. Februar 2009

Transgender SHG Kiel

Ich muß mich beeilen. Jeden Moment kommen meine beiden Claudias, um mich zum Transgender Stammtisch abzuholen und ich stehe noch in BH und Strumpfhosen ohne einen Schimmer, was ich anziehen soll. Schließlich entscheide ich mich für die Longbluse von S.Oliver. Mit etwas Fantasie kann ich sie auch als Minikleid tragen.

Eine halbe Stunde später sind wir zu Fuß unterwegs in Richtung Selbsthilfegruppe. Wir treffen uns am 1. Samstag jedes Monats im Club 68 in der Kieler Ringstraße. Viele kennen die Kneipe noch aus den Werner Büchern und tatsächlich ist Holgi auch heute noch der Inhaber der "Wernerkneipe". Ich liebe diesen Laden. Er ist urgemütlich, viele nette Leute, reichlich Getränke und gutes Essen.

Von meiner Wohnung aus gehen wir zu dritt in Richtung Ringstraße. Ich trag Ballerinas und verschwinde erst kurz vorm Club in einer Toreinfahrt, um mir meine neuen ESPRIT Stiefel anzuziehen. Die letzten Meter stöckel ich um 9 cm größer zum Club.

Nach und nach treffen die anderen Girls ein. Moment, nein: Christian ist ja jetzt ein Boy und hat ganz andere Probleme. Wir T-Girls sind stolz auf jeden Zentimeter Brustwachstum und Christian überlegt, wie er seine Brüste am besten wegbinden kann. Während wir uns den Bartschatten weglasern lassen, freut Christian sich auf sein erstes Testosteron, damit endlich der Bart wächst und vielleicht sogar echte Kotletten. Diese Ironie der Natur lässt mich jedes Mal innerlich schmunzeln.

Schließlich sind wir 14 Leute im bunten Mix aus MzF und FzM Transgendern und natürlich Anja, einer BioFrau. Anja ist die Ehefrau von Sandra und begleitet sie/ihn zu jedem Transgender Treffen. Wow, ich find das klasse, wie die beiden das zusammen leben und beneide Sandra ein wenig. Allerdings war ich früher selbst mit meiner Partnerin bei den Transgender Treffen in der HaKi. Aber das ist lange her.

Wir sind alle völlig verschieden und haben wenig gemeinsam außer dem Gefühl, im falschen Körper geboren zu sein. Und genau deshalb sind diese Treffen so wichtig. Niemand erwartet hier die ganz großen, das Leben verändernden Ratschläge, nein, es ist einfach schön in der Gesellschaft von Menschen zu sein, denen man nichts erklären muß. Die einfach wissen, wie es ist, trans zu sein. Menschen, die einen nicht hinterfragen, für schwul oder pervers halten und die auch liebevoll darüber hinwegsehen, wenn der Bartschatten auf kantigem Kinn langsam durch das MakeUp wächst, wenn die Schultern zu breit und die Hände zu groß sind.

Bei diesen Treffen hole ich mir ein wenig von der Kraft, die ich brauche, um meinen Alltag zu meistern. Ich gehe als Frau zum Dienst, ich mache meine Einkäufe, bewältige den Alltag und lebe mein Leben als Frau, so gut es eben geht. Dabei trage ich einen unsichtbaren Schutzpanzer, der mich abschirmt gegen abschätzige Blicke und dumme Bemerkungen.
Aber einmal jeden Monat muß ich meine Schutzschilde neu aufladen. Dann treffe ich mich mit anderen Transgendern im Club68 und hole mir einen Teil der Kraft zurück, die ich jeden Tag brauche.

Du bist auch Transsexuell? Dann komm doch bitte zum nächsten Treffen am 7. März. Wir brauchen dich.

Donnerstag, 5. Februar 2009

Alte Meierei - Frauen Lesben Trans Café

"Na, toll", denke ich, "morgen kann ich mein graues Strickkleid schon wieder waschen und das Biest wird nach jeder Wäsche größer und größer. (H&M, 19,90 €)". Mir brennen die Augen und ich kriege kaum noch Luft.

Alte Meierei Kiel Transgender Svenja-and-the-CityEs sind diesmal aber nicht die Raucher, die meiner Waschmaschine und mir das Leben schwer machen, sondern der antike Kanonenofen der Alten Meierei in Kiel. Er qualmt und rußt, dass es eine Freude ist. Erst als Claudia dem alten Bollerofen gut zuredet, steigen unsere Überlebenschancen allmählich wieder an. In dem kleinen Gastraum wird es langsam wärmer.

Von außen sieht die Alte Meierei ein bisschen gruselig aus. Umso überraschter bin ich, wie gemütlich der kleine Raum um den Tresen ist. Auf wenigen Quadratmetern stehen hier Sofas und Stühle, ein Kickertisch und ein kleiner Tresen aus Holz.

Eine Handvoll junger Frauen veranstaltet hier an jedem 1. Donnerstag des Monats ein Treffen für Frauen Lesben und Transgender, kurz das FLT, FrauenLesbenTrans-Café.

Svenja-and-the-City am Tresen Alte MeiereiDie Stimmung ist total freundlich und lustig. Die meisten Frauen kennen sich schon. Ich setze mich auf einen der wackeligen Barhocker am Tresen und stelle sofort meine Standardfrage:

"Habt ihr Weißwein?"

"Na klar haben wir Wein, nur keine Gläser. Irgendwer hat hier aufgeräumt und jetzt können wir sie nicht mehr finden,"
erwidert Luca bereits leicht verzweifelt.

Nachdem ich mich gerade damit abgefunden habe, meinen Wein heute abend aus der Flasche zu trinken, zaubert sie schließlich doch noch zwei Gläser herbei.

Das FLT ist heute ein Vorleseabend mit Büchertausch und Luca setzt sich als erste auf das kleine rote Sofa und beginnt vorzulesen. Sie liest eine lustige Glosse aus dem Buch "Die Eier des Staatsoberhaupts" von Luise Pusch. Nur zweimal wird sie dabei von einem Anrufer auf ihrem Handy gestört, den sie aber nach kurzem Gespräch abwimmeln kann. Das Publikum ist geduldig und ich bestelle noch ein Glas Wein.

Claudia auf dem roten Sofa Alte Meierei Kiel Svenja-and-the-CityAls nächste setzt sich Claudia aufs rote Sofa. Sie hat ein Buch aus der BRIGITTE mitgebracht, was nicht gleich auf Anhieb für helle Begeisterung sorgt. In mir keimt der Verdacht, dass nicht alle Frauen an diesem Abend regelmäßige BRIGITTE Leserinnen sind. Claudias Geschichte stellt sich als eine lustige Glosse um das Erwachsen werden heraus. Einige Anspielungen auf Spießertum, Reihenhäuser und Drogen heben die Stimmung und sorgen für reichlich Lacher.

Anschließend liest Silf eine wunderbare Geschichte vor mit dem Titel "Steinerne Tränen". Als ich sie frage, von wem das Buch ist, antwortet sie ein bisschen verschämt, "Das habe ich selber geschrieben." Ich bin sehr beeindruckt und hoffe, später einmal mehr von Silf und ihrem schwarzen Hund Cara Mia zu hören.

Nach einem anrührenden Gedicht der ghanesischen Autorin May Ayim geht der Leseabend zu ende. Ich unterhalte mich noch ein wenig mit den anderen Frauen, trinke ein letztes Glas Wein und breche danach auf.

Fazit: Das Frauen-Lesben-Trans-Café in der alten Meierei ist schon eine ganz besondere Veranstaltung und manchmal ziemlich schräg. Nicht jede Frau, nicht jede Lesbe und nicht jedes T-Girl wird sich dort auf Anhieb wohl fühlen. Wer aber ein bisschen offen und neugierig ist, kann dort einen wirklich interessanten und netten Abend verbringen.

Mittwoch, 4. Februar 2009

Umfrageergebnis: Themenmix


Die erste Umfrage ist beendet und das Ergebnis freut mich sehr. Anscheinend ist die Mehrheit mit dem Themenmix aus transsexuellen und aus Kieler Themen einverstanden. Etwa Drittel wünscht sich aber noch mehr Transgenderthemen.
Vielleicht lässt sich die Zahl der abgegebenen Stimmen noch steigern, denn es hat leider noch nicht einmal jeder 10.Besucher an der Umfrage teilgenommen.

Künftig wird die Abstimmung auch nur noch eine Woche lang dauern und nicht mehr 14 Tage. Vorausgesetzt natürlich, mir fallen genügend interessante Themen ein :-)
Über eure Vorschläge für künftige Umfragen würde ich mich sehr freuen.

Montag, 2. Februar 2009

Douglas statt Media Markt

"Das Frau sein - unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2009. Dies sind die Abenteuer der transsexuellen Svenja, die mit ihren 130 Paar Schuhen seit drei Jahren unterwegs ist, um neue Welten zu erforschen, neues Leben und neue Gewohnheiten. Viele Lichtjahre von dem alten Leben entfernt, dringt Svenja in Welten vor, die nie ein Mann zuvor gesehen hat." (stellt euch dazu bitte die Titelmusik von Raumschiff Enterprise vor)

Transgender Svenja von Svenja-and-the-City aus Kiel

43 Jahre lang habe ich als Mann gelebt. Mit Ehefrau, Kindern und einem Haus, mit Familienkutsche, Hund und Goldfisch, mit Urlaub in Dänemark, Elternabenden und allem, das zu einem deutschen Familienleben dazugehört.

Der Bruch kam, als meine Ehefrau - damals natürlich die Beste von allen - mich über Nacht abschaffte. Nur wenige Wochen darauf begann ich mein neues Leben als Frau. Drei Jahre ist das erst her und noch immer kommt mir jeder neue Tag so unglaublich anders, fremdartig und abenteuerlich vor.

Zu Beginn meiner Entwicklung ging es um Klamotten, Schuhe und MakeUp. Dann um die Namensänderung, um Hormone und um das erste Passing. Ich hab mir dabei nie Gedanken darüber gemacht, was es noch alles bedeuten wird, tatsächlich als Frau zu leben. Nicht mehr als Mann in Frauenkleidern, sondern wirklich als eine ganz normale Durchschnittsfrau, die von Unbekannten nicht mehr als TransGirl wahrgenommen wird.

Nahezu jeden Tag stolpere ich über etwas völlig Neues und Unbekanntes. Meistens sind es kleine Begebenheiten, die mir bewußt machen, dass ich kein Mann mehr bin.

Beispiel: Technik. Früher war der Media Markt mein Tempel. Wie die meisten Jungs bin auch ich gerne durch die Gänge geschlichen, ständig auf der Suche nach dem neuesten technischen Gimmick. Nach der megapixeligsten Digitalkamera, der schnellsten Grafikkarte, dem größten Flachbildschirm und dem kleinsten Handy. Irgend etwas Überflüssiges, wofür ich an der Kasse die Familien EC-Karte einmal mehr durchziehen lassen konnte. Was sind schon Winterstiefel für die Kinder gegen eine neue Festplatte für Papas PC? War nur ich so, oder erkennen sich auch Andere darin wieder?

Heute, nur drei Jahre später, gebe ich mein Geld nur noch für wirklich sinnvolle Dinge aus. Ich trage es zu Deichmann, Douglas und Esprit und natürlich zu H&M :-)

Markennamen wie Sony, Nikon und Nokia wurden abgelöst durch Nivea, Buffalo und L'Oreal. Anstatt der "auto motor und sport", lese ich Glamour und Brigitte (die Bravo-Girl traue ich mich nicht zuzugeben :-)

Eine der größten Überraschungen jeden Morgen aber ist die Sache mit dem Busen. Für die Hälfte aller Menschen ist das nichts Besonderes, aber für mich ist es jeden Morgen aufs Neue ein Wunder. Welch ein merkwürdiges und wunderbares Gefühl, plötzlich ein, nein sogar zwei neue Körperteile zu haben. Sie sind noch so neu, dass ich sie über Nacht immer wieder vergesse. Und dann am Morgen: "Nanu, ihr Beiden, wo kommt ihr denn her?!"

Sie fühlen sich ganz weich an, dabei sind sie total prall. Und wenn man draufdrückt, tut es weh. Kein Wunder, die Biester sind ja noch im Wachstum und ich hoffe, sie werden richtig groß, denn operieren lassen würde ich sie nicht. Wozu auch? Das Foto habe ich einmal ohne BH gemacht.

Auch meine Wohnung habe ich total verändert. Wo früher das Foto meines Pickups hing, da lächelt heute Holly Golightly freundlich auf mich herab und ich lache fröhlich mit. Den alten Stollenreifen meiner KTM hab ich endlich weggeschmissen. Den Platz brauch ich heute für Wichtigeres. Da stehen jetzt Schuhe!

Wow, es ist wirklich aufregend, eine Frau zu werden!