"Das Frau sein - unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2009. Dies sind die Abenteuer der transsexuellen Svenja, die mit ihren 130 Paar Schuhen seit drei Jahren unterwegs ist, um neue Welten zu erforschen, neues Leben und neue Gewohnheiten. Viele Lichtjahre von dem alten Leben entfernt, dringt Svenja in Welten vor, die nie ein Mann zuvor gesehen hat." (stellt euch dazu bitte die Titelmusik von Raumschiff Enterprise vor)
43 Jahre lang habe ich als Mann gelebt. Mit Ehefrau, Kindern und einem Haus, mit Familienkutsche, Hund und Goldfisch, mit Urlaub in Dänemark, Elternabenden und allem, das zu einem deutschen Familienleben dazugehört.
Der Bruch kam, als meine Ehefrau - damals natürlich die Beste von allen - mich über Nacht
abschaffte. Nur wenige Wochen darauf begann ich mein neues Leben als Frau. Drei Jahre ist das erst her und noch immer kommt mir jeder neue Tag so unglaublich anders, fremdartig und abenteuerlich vor.
Zu Beginn meiner Entwicklung ging es um Klamotten, Schuhe und MakeUp. Dann um die Namensänderung, um Hormone und um das erste Passing. Ich hab mir dabei nie Gedanken darüber gemacht, was es noch alles bedeuten wird, tatsächlich als Frau zu leben. Nicht mehr als Mann in Frauenkleidern, sondern wirklich als eine ganz normale Durchschnittsfrau, die von Unbekannten nicht mehr als TransGirl wahrgenommen wird.
Nahezu jeden Tag stolpere ich über etwas völlig Neues und Unbekanntes. Meistens sind es kleine Begebenheiten, die mir bewußt machen, dass ich kein Mann mehr bin.
Beispiel: Technik. Früher war der
Media Markt mein Tempel. Wie die meisten Jungs bin auch ich gerne durch die Gänge geschlichen, ständig auf der Suche nach dem neuesten technischen Gimmick. Nach der megapixeligsten Digitalkamera, der schnellsten Grafikkarte, dem größten Flachbildschirm und dem kleinsten Handy. Irgend etwas Überflüssiges, wofür ich an der Kasse die Familien EC-Karte einmal mehr durchziehen lassen konnte. Was sind schon Winterstiefel für die Kinder gegen eine neue Festplatte für Papas PC? War nur ich so, oder erkennen sich auch Andere darin wieder?
Heute, nur drei Jahre später, gebe ich mein Geld nur noch für wirklich sinnvolle Dinge aus. Ich trage es zu
Deichmann,
Douglas und
Esprit und natürlich zu
H&M :-)
Markennamen wie Sony, Nikon und Nokia wurden abgelöst durch
Nivea,
Buffalo und L'Oreal. Anstatt der "auto motor und sport", lese ich Glamour und Brigitte (die
Bravo-Girl traue ich mich nicht zuzugeben :-)
Eine der größten Überraschungen jeden Morgen aber ist die Sache mit dem Busen. Für die Hälfte aller Menschen ist das nichts Besonderes, aber für mich ist es jeden Morgen aufs Neue ein Wunder. Welch ein merkwürdiges und wunderbares Gefühl, plötzlich ein, nein sogar zwei neue Körperteile zu haben. Sie sind noch so neu, dass ich sie über Nacht immer wieder vergesse. Und dann am Morgen: "
Nanu, ihr Beiden, wo kommt ihr denn her?!"
Sie fühlen sich ganz weich an, dabei sind sie total prall. Und wenn man draufdrückt, tut es weh. Kein Wunder, die Biester sind ja noch im Wachstum und ich hoffe, sie werden richtig groß, denn operieren lassen würde ich sie nicht. Wozu auch? Das Foto habe ich einmal ohne BH gemacht.
Auch meine Wohnung habe ich total verändert. Wo früher das Foto meines Pickups hing, da lächelt heute Holly Golightly freundlich auf mich herab und ich lache fröhlich mit. Den alten Stollenreifen meiner KTM hab ich endlich weggeschmissen. Den Platz brauch ich heute für Wichtigeres. Da stehen jetzt Schuhe!
Wow, es ist wirklich aufregend, eine Frau zu werden!