Montag, 22. März 2010

Svenja-and-the-City auf eBay

Svenja im eBay Fotostudio
„Aber nicht die weißen Buffalo Clogs. Die will ich behalten.", nörgele ich und stampfe dabei leicht mit dem Fuß auf, wie ich das gerne tue, wenn ich Claudia die Meinung sage.
„Ich denke du willst jetzt eBay machen und das verd
iente Geld für ein neues Motorrad sparen?" „Ja, schon, aber nicht die Buffies. Und auch nicht die pinken Pantoletten mit der Korksohle."
Claudia verdreht die Augen: „Was willst du denn überhaupt bei eBay reinsetzen?"

„Ich könnte welche von meinen Stiefeln hergeben und auch ein paar Jeansröcke und Ballerinas. Ach ja, und ich hab noch das KTM Zelt und die ganzen alten Motorradsachen. Die kann ich ja wohl schlecht zu der neuen Kawasaki tragen."

Ja, völlig unmöglich.", stimmt Claudia mir zu und verdreht dabei die Augen: Alles muss natürlich nagelneu sein. Sag mal, hast du überhaupt eine Vorstellung davon, wieviele Jeansröcke und Ballerinas man verkaufen müsste, damit es für ein neues Motorrad reicht?"

„Keine Ahnung, ist doch auch erstmal egal."
, zicke ich mit meinem Lieblingsargument schlagfertig zurück. Diese negative Haltung hass ich nämlich total an ihr und noch mehr hasse ich es, wenn sie mich dabei so von oben über den Rand ihrer Brille ansieht. Meine Güte, ich bin doch kein Kind. So ein Aufstand, nur weil ich meine Buffalos nicht verkaufen will. Ich denke nämlich immer ein bisschen weiter, als die meisten Menschen und garantiert kommen die irgendwann wieder voll in Mode und dann wollen wir doch mal sehen, ob eine gewisse Frau Jemand immer noch ironisch über ihre Brille hinwegguckt. Aber soweit reicht es bei ihr natürlich wieder nicht.

Gerade habe ich den Studioblitz eingestellt, die Schirme und den Molton platziert, da geht das Gemecker schon wieder los: „Willst du Motorradsachen fotografieren oder Modeaufnahmen für die Bild-der-Frau machen?“

Jetzt bin ich echt sauer: „Wo steht denn bitte geschrieben, dass man sich nicht ein bisschen nett zurechtmachen darf, nur weil man Motorradsachen fotografiert?“
„Nett zurechtmachen? Ein bisschen? Du ziehst doch nicht ernsthaft das kleine Schwarze an, um deine alten MotoCross Handschuhe zu fotografieren?“


Ist sowas nicht absolut ätzend? Wie kann ein Mensch so negativ sein? „Wieso denn nicht? Das sieht doch total gut aus?!“ Claudias Genörgel geht mir voll auf die Nerven und ich merke, wie ich langsam bockig werde, aber jetzt erst Recht: „Und den Helm nehme ich im Bett mit Overknee Stiefeln auf!"

Fazit: Vielleicht kann ich mir ja mit ein paar eBay Auktionen ein bisschen was für mein Motorrad dazu verdienen. Mal sehen, wieviele Ballerinas, Stiefel und Jeansröcke man verkaufen muss, damit es für eine neue Kawasaki reicht. Im Lauf der nächsten Wochen stell ich die Sachen dann nach und nach bei eBay ein.
Und hier findet ihr
Svenja-and-the-City auf eBay.

Freitag, 19. März 2010

Svendura kehrt zurück

Svenja Svendura Kawasaki KLX250 Poster„Was ist denn mit Svenja los? Hat sie diesen Monat ihre Gehirn­rechnung nicht bezahlt? Die hängt gerade ein Kawasaki Poster in ihrem Büro auf. Ja! An der Wand wo vorher die sexy Modeplakate und dieses Trans­gender Poster hingen.“

So ähnlich müssen meine Kollegen gedacht haben, als ich letzte Woche mit der Tesarolle und dem Kawaposter im Büro aufgetaucht bin.


„Ich wusste doch sowieso, dass du wieder anfängst.“, lacht ein Kollege mich freundlich an. Er hat nicht vergessen, wie ich jahrelang alle mit meinen Geschichten über Endurowandern genervt habe und damit das Motorradvirus erst so richtig in unser Sachgebiet getragen habe. Sogar mein Chef hat damals mit Ende 50 noch den Motorradführerschein gemacht und sich anschließend gleich eine 1000er Suzuki gekauft. Oh ja, ich kann überzeugend sein.

Es ist kaum zu fassen, wie ich in den letzten Jahren alles das vernachlässigt habe und mich rund um die Uhr nur noch um meine eigene Verweiblichung gekümmert habe. Inzwischen aber hab ich mich hier in Frauenland häuslich eingerichtet. Die letzten Umzugkartons sind ausgepackt und ab jetzt heißt es wieder, Enduro statt Estreva*.

Fazit: Das Motorradreisen und Endurowandern interessiert mich stärker als je zuvor. Meine komplette Ausrüstung dafür habe ich ja noch, mir fehlt nur ein Motorrad. Ich denke, ich fahre am Samstag mal nach Neumünster und setz mich dort auf die neue Kawasaki KLX 250. Vielleicht steht die mir ja?

*Estreva Gel: Ein weibliches Hormongel im Pumpspender, das ich jeden Morgen anwende und das inzwischen für ein hübsches B gesorgt hat.

Dienstag, 16. März 2010

Eine Frage der Liebe - Teil 2

Filmkritik eine Frage der Liebe
Und das geschah im ersten Teil:
In einem Gespräch beim Pastor hat Roy sich vor seiner Frau Irma als transsexuell geoutet. Sowohl der Pastor, als auch Irma sind schockiert.
Noch am selben Abend spricht Roy auch mit der 12-jährigen Tochter, Patty Ann, die daraufhin ganz offene Fragen an ihren Papa stellt. Roy ist Vorarbeiter in einer Traktorenfabrik und outet sich am nächsten Morgen auch gegenüber seinem Chef, der zwar wohlwollend reagiert, aber Angst um die Reaktion der Arbeiter hat.

Es fehlt noch der erwachsene Sohn, Wayne, der bislang nichts von der Transsexualität seines Vaters ahnt. Wayne reist mit einer RockBand auf ihrer Tour durch die USA und war schon lange nicht mehr zuhause. Aus diesem Grund schreibt Roy seinem Sohn einen Brief: "Lieber Wayne...".


Den Brief seines Vaters liest Wayne seinen Kumpels in der Bar laut vor...

Filmkritik Eine Frage der Liebe Transfilm






Der erste Tag nach dem Outing.
Roy trägt ein paar billige goldene ClipOhrringe zur Arbeit...


Filmkritik Eine Frage der Liebe Transfilm





Roy ist verzweifelt und nach einer schrecklichen Demütigung durch seinen eigenen Vater will er sich das Leben nehmen...


Mobbing auf der Arbeit wegen transgender



Roy ist nach Hause zurückgekehrt, nachdem sich Irma für eine Weile von ihm getrennt hatte. Er bittet Irma um Hilfe ...


Filmkritik Eine Frage der Liebe Transfilm



Ich möchte euch hier nicht alles verraten. Vielleicht wollt ihr euch den Film ja selbst noch anschauen. Es lohnt sich unbedingt. Eine Frage der Liebe erschien bereits 2003 und lief auch schon im Fernsehen. Bei Amazon gibt es ihn für weniger als 2 Euro.

Fazit: All die Jahre habe ich mir so sehr gewünscht, dass meine Familie, meine inzwischen geschiedene Frau und meine fünf Kinder sich diesen Film doch einmal ganz mit offenen Herzen und voller Neugier angesehen hätten. Stattdessen haben wir niemals auch nur ein einziges Gespräch über das Thema Svenja geführt. Wir waren sogar noch begrenzter, als die Menschen im bible belt der USA, die im Film als rückständig und verbohrt dargestellt werden. Und darüber komme ich einfach nicht hinweg...

Sonntag, 14. März 2010

Eine Frage der Liebe - Teil 1

Filmkritik eine Frage der Liebe
Roy und Irma leben im mittleren Westen der USA, irgendwo im sogenannten bible belt. Irma, gespielt von der unglaublich guten Jessica Lange, singt im Kirchenchor, während Roy als Vorarbeiter in der örtlichen Traktorenfabrik beschäftigt ist. Hier, wo Männer noch Männer sind und wo der Pastor beim Hausbesuch zum Eheberater wird, erscheint es völlig unmöglich, ein Leben als Transgender führen zu können.

Ausgerechnet in diesem Klima von Intoleranz bekennt sich Roy von einem Tag zum anderen ganz offen zu seiner Transsexualität. Er sei im falschen Körper geboren, heiße ab jetzt Ruth und werde sich irgendwann im nächsten Jahr operieren lassen.

Es kommt nicht oft vor, dass Hollywood einen Film zum Thema Transsexualität macht. Und wenn doch, dann werden wir dort gerne als tuntige Glamourgirls, oder sonstwie kaputte und entwurzelte Typen dargestellt. Aber dieser Film ist anders. Für mich ist "Eine Frage der Liebe" der beste Film, den ich bislang zu meinem Thema gesehen habe. Ich muss euch die Kritik in 2 Teilen servieren, weil die Comics doch etwas aufwendiger sind, als ich anfangs dachte. Oder versucht ihr mal durch einen blöden Tränenschleier hindurch Photoshop auf Pixelebene zu bedienen :-)


Roy outet sich vor Irma und vor Reverend Dale.

Filmkritik Eine Frage der Liebe Transfilm






Beim Abendessen weiht Roy seine Tochter Patty Ann ein.


Filmkritik Eine Frage der Liebe Transfilm





Gleich am nächsten Morgen outet sich Roy auch gegenüber Frank, seinem Chef in der Traktorenfabrik. Übrigens: Das Buch gibt es wirklich...


Filmkritik Eine Frage der Liebe Transfilm



Und das erwartet euch im nächsten Teil:

  • Werden die Jungs in der Traktorenfabrik ihren Vorarbeiter auch als Ruth akzeptieren?
  • Und wie reagiert Wayne, Roys und Irmas erwachsener Sohn auf die Nachricht?
  • Wird die christliche Gemeinde ihr langjähriges Mitglied Roy auch als Ruth akzeptieren?
  • Und werden Ruth und Irma dem Druck standhalten können?
Falls jemand den Film bereits kennt, bitte im Kommentar nicht zuviel verraten. Habt ihr überhaupt Lust auf einen zweiten Teil? Dann mache ich mich nämlich gleich an die Arbeit.

Dienstag, 9. März 2010

Svenjas Transgender Schnelltest

Svenja Transgender Test in Minirock und Buffalo ClogsLeider gibt es in Apotheken noch keinerlei Teststreifen auf Transsexualität zu kaufen. Damit wäre alles ganz einfach. Du verschwindest für drei Minuten allein im Waschraum und anschließend hast du die Gewissheit: Lohnt es sich die Men's Health zu abonnieren, oder unterschreibst du besser doch bei Bravo Girl.

Aus diesem Grunde hat Svenja-and-the-City, der Blog für die rauhe Wirklichkeit, diesen Test für euch entwickelt.

Transsexualität ist nicht messbar, aber es gibt dennoch einige starke Indizien, die darauf hindeuten können, dass du trans bist. Vielleicht hat sogar dein Umfeld die Frau in dir schon lange bemerkt?



Du bist vielleicht transsexuell, wenn ...
  • ... es dir nie etwas ausgemacht hat, die Kleider deiner großen Schwester aufzutragen, obwohl du strenggenommen ihr Bruder bist.

  • ... du zwar jede Folge von Sex-and-the-City mitsprechen kannst, aber absolut keine Ahnung hast, wer oder was das A-Team ist.

  • ... Passanten dich feiern als hättest du gerade den Nanga Parbat allein mit einem Wurstbrot und einer Wäscheleine bestiegen, obwohl du nur deinen Smart in eine ganz normale Parklücke eingeparkt hast.

  • ... du keine Ahnung hast, wie man eine Krawatte bindet, aber ein perfektes 3-Schichten AbendMakeUp in weniger als 10 Minuten hinbekommst.

  • ... deine Schwester nicht mit dir zum AbiBall gehen will, solange du das gleiche Kleid trägst wie sie.

  • ... du bei Seenotübungen immer als Erster in ein Rettungsboot gesetzt wirst.

  • ... du dich bei Kawasaki für die neue 200 PS Ninja interessierst und der Händler sich die größte Mühe gibt, um dich von den zahlreichen Vorteilen der KLX250 zu überzeugen.

  • ... dich bei Computerproblemen nie jemand um Rat fragt, obwohl alle genau wissen, dass du beruflich eine absolute Expertin auf diesem Gebiet bist.

  • .... du dein Motorrad in die Werkstatt bringst, dem Meister dazu eine perfekte FehlerDiagnose lieferst und er dich mit väterlicher Stimme fragt, ob denn Benzin im Tank sei.

  • ... sich deine Mutter für eine Party megascharf aufgestylt hat und jetzt von dir die passenden Schuhe dazu ausleihen will.

Die Auswertung:

0 Treffer:
Entweder bist du ein schamloser Lügner, oder tatsächlich einer der wenigen NichtTranssexuellen. Aber sicher ist das noch lange nicht...

1 - 2 Treffer:
Noch kein Grund, um sich ernstlich Sorgen zu machen, aber zur Sicherheit stelle ich dir eine Zusatzfrage: Haben deine Mutter, oder deine Schwester jemals ein Kleidungsstück vermisst und nur du wusstest ganz genau, wo sie suchen müssten?

3 - 5 Treffer:
Ein solches Ergebnis sollte bereits für einen Termin beim Endikrinologen ausreichen. In jedem Fall solltest du dein Abo der Men’s Health nicht um ein weiteres Jahr verlängern.

ab 5 Treffern:
Dieses Ergebnis kannst du jetzt ausdrucken und deinem Antrag auf Vornamensänderung beifügen. Das Gericht wird vermutlich kein zusätzliches psychiatrisches Gutachten verlangen.

Fazit: Transsexualität kann man nicht testen und ist nur sehr schwer sicher zu diagnostizieren. Der Psychiater erstellt dazu eine sogenannte Differenzialdiagnose. Im Klartext: Der Doc versucht herauszufinden, ob ihr vielleicht einfach eine Klatsche habt. Wenn er nichts findet, geht er davon aus, dass es Transsexualität ist, die euch zu eurem Verhalten veranlasst.

Transsexualität kann man fühlen, aber man kann sie nicht messen. Wer auf fragwürdige Tests aus dem Internet vertraut, kann auch gleich mit meinem blödsinnigen 10-Punkte TransSchnelltest Vorlieb nehmen. Der ist mindestens ebenso seriös und genauso wissenschaftlich.

Ich selbst komme in diesem Test übrigens auf 7 Punkte und hätte mir die teuren Gutachten sparen können. Los, und jetzt will ich endlich wissen, wie ihr abgeschnitten habt. Aber seid ehrlich...!

Sonntag, 7. März 2010

Rezitator Matthias Wilms

Svenja bei Matthias Willms Rezitator aus KielHeute abend ist endlich DIE Gelegenheit, meine neuen schwarzen Overknee Stiefel stilvoll in die Gesellschaft einzuführen. Immerhin sind da Silbernieten mit dran.

Die beste Freundin von allen hat mich ins
TanTamar eingeladen, wo an diesem Abend der Kieler Rezitator Matthias Wilms auftritt.

Dennoch bin ich skeptisch. Erstens habe ich keinerlei Vorstellung davon, was so ein Rezitator tut und zweitens entdecke ich auf der Speisenkarte des TanTamar kein einziges bekanntes Gericht. Ich hoffe inständig, dass Teriyaki das thailändische Wort für Schnitzel ist. Aber sicher kennt Claudia sich mit Rezitatoren und Teriyakis aus. Die weiß immer all so'n Zeug.


Ich: „Was macht so ein Rezitator eigentlich? Zitiert der Leute?“

Claudia: „Nein, Dummchen. Der liest Texte vor.“

Ich: „Na toll, wären wir bloß in Wienerwald gegangen, da weiß ich wenigstens, was es zu essen gibt. Und meiner kleinen Schwester Gute Nacht Geschichten vorlesen kann ich auch selber.“

Claudia: „Nein, kannst du nicht. Jedenfalls nicht so. Wenn Matthias deiner Schwester eine Geschichte vorliest, dann glaubt sie nicht nur, dass was Unheimliches unterm Bett ist, sondern dann weiß sie es genau. Und nicht einmal ihr Papa wäre sich sicher, dass es nicht so ist.“

Ich: „Ach so...“

„Ja, genau: Ach so.“, zickt Claudia mich an und äfft dabei meine Stimme nach, obwohl sie genau weiß, wie ich es hasse, wenn sie das tut. „Und außerdem stellt Matthias zu jeder Lesung die besten Texte ganz neu und originell zusammen. Dagegen würdest du mit deiner blöden Gute-Nacht-Geschichte ganz schön abstinken. Und er leiert nicht einfach die kürzeste Geschichte im Buch runter, wie eine gewisse Dame, sondern er spielt die Texte wie ein Schauspieler auf der Bühne. Und nicht wie du, wo ich schon einschlafe, wenn du einen deiner Endloswitze erzählst, und am Ende meistens noch die Pointe vergessen hast.“

Ich bin ein bisschen beleidigt, weil ich nämlich zufällig genau weiß, dass ich ganz toll lesen kann und besonders mein Froschkönig immer sehr gut ankommt: „Meine Güte, nun komm mal wieder runter. Ich habs ja verstanden. Seine Texte sind länger als meine und er kann ein paar Stimmen nachmachen. Ganz toll. Können wir jetzt was zu Essen bestellen? Und ich will endlich Wein.“

Nachdem ich mir von Maia, der Chefin des TanTamar, jedes Gericht habe erklären lassen, entscheide ich mich für ein Grünes Dschungel Curry, während Claudia ein Rindfleisch Teriyaki bestellt. Das Essen ist ein Knaller. Wir sind begeistert und uns wird klar, weshalb man hier ohne Reservierung nie einen Tisch bekommt.

Dann tritt der Rezitator ans Pult und knipst die winzige Leselampe an. Ich nehme mir fest vor, ganz unbeteiligt zu tun und dabei meinen besten gelangweilten Gesichtsausdruck aufzusetzen. Wollen doch erstmal hören, ob sein Froschkönig wirklich besser ist als meiner. Für diesen Abend hat Matthias Wilms einige Texte zusammengestellt, die alle etwas mit dem Genuss am Essen zu tun haben.
Der   Kieler Rezitator Matthias Willms bei einer Lesung

Schon nach dem zweiten Applaus bin ich so aus dem Häuschen, dass ich missbilligende Blicke vom Nebentisch ernte. Claudia informiert mich darüber, dass es bei Lesungen wohl unüblich sei, mit den Füßen zu trampeln, gellende Pfiffe auszustoßen und fortwährend „Bravo, Baby!“ zu brüllen. Muss ich mir merken.

Fazit: Eine Lesung von Matthias Wilms ist beeindruckend, intelligent und höchst unterhaltsam. Man muss es sich vorstellen, wie das Hörspiel zu einem Theaterstück, mit soviel Hingabe trägt der Rezitator vor. Matthias Wilms liest, er spricht, er flüstert, brüllt, stöhnt und schreit. Er trägt vor und ich bin begeistert. Dennoch, bei ihm wäre meine kleine Schwester niemals so schnell eingeschlafen, wie bei mir. Ätsch...

Donnerstag, 4. März 2010

Die Toilettenfrage - Ein Ablasshandel?

Transsexuelle Transgender auf der Herrentoilette"Wie? Du jetzt auch hier?", fragt mich eine Kollegin mit sichtlicher Verblüffung, als wir uns unvermittelt auf der Damentoilette gegenüberstehen. "Ja. Die da drüben wollten mich auch nicht mehr haben.", gebe ich ein wenig kleinlaut zurück. "Nein, nein. Das ist schon in Ordnung, du gehörst ja jetzt hier her.", beruhigt sie mich und beendet damit den Ablasshandel.

Dieser Dialog hat sich schon vor einigen Jahren auf einer Damentoilette des LKA ereignet und glücklicherweise ist das Bild nur eine billige Fotomontage.

Für uns Transsexuelle kommt irgendwann der Tag an dem der Frosch ins Wasser springt. Wir öffnen zum ersten Mal die Tür in eine neue Welt und auf der steht ein großes D. Von jetzt ab gibt es kein Zurück :-)

Die ersten Wochen danach war ich total angespannt, wenn ich mal bei McDonalds, oder bei Karstadt aufs Klo musste. Die schlimmsten Dinge hab ich mir ausgemalt: „Iiiiih, Mama. Da ist ein Mann auf dem Mädchenklo und der trägt Frauensachen.“

Natürlich ist niemals sowas Doofes passiert, aber die Ängste darum kann ich noch heute bestens verstehen. Besonders dann, wenn das Passing weniger in Richtung Heidi Klum geht, sondern eher noch an Bud Spencer erinnert. Aber durch diese erste gruselige Zeit müssen wir alle irgendwie durch.

Trotzdem ist jederzeit mit dem plötzlichen Auftritt Bildungsferner zu rechnen. So gab es im Jahr 2006 in den italienischen Medien eine große Debatte über just dieses Thema. Was war geschehen?

Extra Toiletten für TransgenderIm italienischen Parlament in Rom war eine transsexuelle Parlamentsabgeordnete beim Besuch der Damentoilette von der Sprecherin der rechtsgerichteten Berlusconi-Partei Forza Italia, Elisabetta Gardini, angesprochen worden, sie habe hier nichts zu suchen. Gardini soll anschließend in einem Interview gesagt haben: „Ich habe ihn da gesehen und mir wurde übel. Er sollte eine Toilette für sich allein bekommen."
Diese Diskussion fand ausgerechnet in der intensivsten Zeit meiner Verwandlung statt und ich habe sie aufmerksam und mit ängstlichem Interesse verfolgt. Als Neuankömmling in Frauenland konnte ich keinerlei schlechte Publicity gebrauchen. Mein Outing war bestens verlaufen und auf keinen Fall wollte ich der Anlass zu einer peinlichen Diskussion werden.

Mein Dezernatsleiter im LKA hat die simple Frage nach Mann oder Frau auf seine eigene pragmatische Weise gelöst: „In deinem Personalausweis steht Svenja? Damit bist ab jetzt offiziell eine Frau. Die Personalabteilung weiß schon Bescheid. Du gehst nachher zur Lichtbildstelle und lässt Fotos für einen neuen Dienstausweis machen. Sollte es sonst irgendwelche Probleme geben, kommst du zu mir und ich regel das.“

Fazit: Ich wohne jetzt in Frauenland und dort gehe ich auch auf die Toilette. Ich will doch nicht so sein wie Finch, der im Film American Pie den Spitznamen Heimscheißer verpasst bekommt. Ich habe die Erfahrung gemacht, je eindeutiger ich mich selbst als Frau verhalte, desto leichter mache ich es auch anderen, mich so zu sehen und zu akzeptieren. Und das gilt natürlich nicht nur für den Ablasshandel.

Frage: Wie sind eure Erfahrungen mit der sensiblen Waschraumproblematik? Und gibt es wirklich Frauen, die bei Konzerten und Events zu den Jungs rübergehen, um nicht endlos anstehen zu müssen? Und wie erleben das die Männer? Na los, ich möchte jedes schmutzige Detail erfahren :-)