Montag, 29. Juni 2009

Als T-Girl zur Kieler Woche 2009

Svenja Kieler Woche 2009"Habt ihr Pimmel?", fragt mich eine junge Frau ohne jede Vorwarnung. Sie sieht aus wie Senna von der Band Monrose und schaut dabei neugierig auf meine Brüste. Distanzlose Menschen begeistern mich. Sie kommen ohne Umwege direkt auf den Punkt und lassen sich durch überholte Konventionen von Höflichkeit und Anstand in keiner Weise behindern. Wortlos drehe ich mich um und lasse die blöde Tussi stehen.

Lange hatte ich gezögert, überhaupt auf die Kieler Woche zu gehen. Für Transsexuelle ist diese Mischung aus Volkes Nähe, Alkohol und Multikulti manchmal sehr unangenehm. Als ich vor zwei Jahren mit meiner Freundin und ihrer Tochter an einem Bierstand vorbeischlenderte, riefen mir ein paar besoffene Typen vom Bierstand hinterher: "Ey, Schwuchtel!" Ich habe mich damals furchtbar geschämt, weil meine Freundin und ihre Tochter das mit anhören mussten.

In diesem Jahr will ich es so machen, wie schon im letzten Jahr, ich bleibe zu Hause. Plötzlich aber spielen sie im Radio Petula Clark mit Downtown und Partylaune siegt über Angst. Außerdem ist mein Passing durch die Hormone und meine längerern Haare heute viel besser als vor zwei Jahren. Trotzdem ziehe ich mich etwas weniger out going an und nehme einfach einen Jeansmini, Stiefel und ein schlichtes Top.

Meine Wohung liegt direkt in der Innenstadt und schon nach wenigen Schritten schlendere ich gut gelaunt durch die dichte Menschenmenge über den Kieler Rathausplatz. Es ist noch früh am Abend und der mittlere Alkoholpegel der Menschen ist um diese Zeit noch gut erträglich. Mit jedem Schritt fühle ich mich sicherer und falle den meisten wohl nur durch meine Größe etwas auf. Ein kleiner Mann mit Glatze starrt im Vorbeigehen aus Augenhöhe direkt auf meine Brüste. "Ich bin hier oben.", sage ich zu ihm und wir müssen beide lachen.

Ich dränge langsam mit der Menge weiter in Richtung Holstenbrücke, wo meine Freundin Ischi ihren Bierbrunnen aufgebaut hat. Am Nachbarstand spielt eine Band und meine Stimmung wird immer besser. Ich lerne Ischis Freundinnen kennen und wir trinken zusammen ein paar Gläser Wein. Lachend und trinkend stehen wir am Bierbrunnen und sehen den Meschen zu, die an uns vorbeischlendern.

Inzwischen ist nach 23 Uhr und allmählich ist es dunkel geworden. Das Publikum hat sich verändert. Die Menschen, die durch die Fußgängerzone torkeln schlendern, werden zunehmend jünger und betrunkener.

Um kurz nach Mitternacht ist es an der Zeit, von der Straße zu kommen. Ich stöckele auf einen letzten Drink ins Birdcage* in der Rathausstraße. Die Bar ist gerammelt voll und die Stimmung sehr ausgelassen. Micha, der Wirt, kommt mit den Bestellungen kaum hinterher. Ich setze mich mit einem Glas Blanchet an die Bar zu ein paar L-Girls* und freue mich über einen netten Smalltalk.

Fazit:
Der Kieler Woche Besuch hat mir letztlich doch Spaß gemacht. Ich konnte meine Ängste überwinden und habe einen sehr netten Abend verbracht. Trotzdem sind mir die Menschenmassen auf so einem Mega-Volksfest nicht angenehm, was aber nichts mit Trans zu tun hat, sondern mit dem dichten Gedränge in den Massen von Menschen.
Im nächsten Jahr werde ich ganz sicher wieder zur Kieler Woche gehen. Dann starte ich aber schon am späten Nachmittag und bin rechtzeitig vor Mitternacht und vor dem Auftauchen der schlimmsten Trunkis von der Straße verschwunden.


*T-Girl: Transgender Girl, Transsexuelle
*L-Girl: lesbisches Mädchen/Frau
*Birdcage: Kieler Szenebar für Transgender, Lesben und Schwule. (Vgl. Transgender Kiel)

Freitag, 26. Juni 2009

7 Tipps für ein besseres Passing - Verhalten

Wir verhalten uns natürlich und entspannt. Wir bewegen uns selbstbewusst, dabei locker und mit lässiger Selbstverständlichkeit. Wir benehmen uns nicht wie Kerle in Frauenkleidern und wir vermeiden jedes tuckige Rumgetranse.

Dieser Teil der Serie ist am schwierigsten zu vermitteln und ich hoffe, dass es mir gelingt. Es geht um Authentizität. Authentisch bedeutet 'echt' und 'als Original empfunden'.

Ich möchte euch ein Beispiel geben, vielleicht kennt ihr die Situation: ihr sitzt irgendwo in der Fußgängerzone, in einem Café, oder in einer Bar. Um euch herum sind viele Menschen, aber keiner von ihnen fällt euch speziell auf. Es ist ein menschliches Hintergrundrauschen und alle verhalten sich ungefähr so, wie man es von ihnen erwarten kann. Keinerlei Auffälligkeiten. Ein Jeder scheint seinen Platz genau zu kennen. Plötzlich aber werdet ihr auf eine einzelne Person aufmerksam. Sie verhält sich nicht so, wie sie soll, nicht so, wie es unserer Erwartung entspricht. Jetzt ist unsere Aufmerksamkeit geweckt. Wir schauen hin, wir geben Acht, wir wollen ergründen. Was ist mit dem denn los?

An dieser Stelle kommt unser Verhalten ins Spiel. Solange wir uns ganz natürlich verhalten und uns mit lockerer Selbstverständlichkeit bewegen, solange wir ein Puzzleteil am richtigen Platz sind, solange fallen wir kaum auf. Wenn man das gut hinbekommen, funktioniert das sogar dann, wenn das optische Passing nicht so toll ist. Der Grund dafür ist einfach zu erklären: Kein Mensch schaut genau hin, solange es keinen Grund dafür gibt, genau hinzuschauen. Wir fliegen ganz sauber unter dem Radar.

Svenja Fußgängerzone Kiel

Leider ist genau das der Grund dafür, weshalb es bei kleinen Kindern oft nicht klappt, denn die sind neugierig und beobachten ganz genau. Schon ein paar mal haben mich kleine Kinder gefragt: "Bist du ein Mann?" Den Müttern war das immer total peinlich. "Ich bin beides," habe ich dann ganz freundlich geantwortet. Mit dieser Erklärung kommen Kinder anscheinend ganz gut zurecht.

Als Transsexuelle ist es am Anfang total schwierig, sich locker und selbstsicher zu bewegen. Wie denn auch? In der ersten Zeit unserer Metamorphose sind wir alle mehr oder weniger noch Männer in Frauenkleidern. Wir haben anfangs große Angst vor Spot und vor Entdeckung. Falls wir uns noch nicht überall geoutet haben, ist es ein Albtraum, plötzlich unserem Chef, oder den Jungs vom Kegelclub über den Weg zu laufen. Puh, welch eine Anspannung, wie soll man sich da locker bewegen? Und ein Mensch, der Angst hat, der bewegt sich auch wie ein Mensch, der Angst hat. Überhaupt nicht natürlich, sondern hölzern und unsicher.

Deshalb müssen wir unser Verhalten vorher ein wenig üben. Am leichtesten fällt das an Plätzen, wo man sich sicher fühlt. Mein Tipp sind die regelmäßigen Treffen der Transgender Selbsthilfegruppen, die es in fast allen größeren Städten gibt. Unsere SHG trifft sich monatlich zum Stammtisch in einer Kneipe. Für viele ist das die Gelegenheit, zum ersten Mal im Leben als Frau an die Öffentlichkeit zu gehen. Anschließend ziehen wir oft noch weiter in eine Bar und lachen, tanzen und unterhalten uns, solange wir durchhalten. Diese Abende sind gut geeignet, um sich an die neue Rolle als Frau zu gewöhnen. Letztlich müßt ihr euch immer wieder ausprobieren und allmählich ein ganz neues Verhalten erlernen.

Doch so schnell es geht müßt ihr dann aus der Sicherheit nächtlicher Szenebars heraus ans helle Tageslicht kommen. Zum Beispiel vormittags in der Shopping Mall, wenn die Geschäfte gerade erst aufgemacht haben, dann in aller Ruhe shoppen gehen. Schuhe anprobieren, mit Verkäuferinnen sprechen, im Café sitzen, bei Bijou Brigitte alle Ohrringe anschauen, aber vor allem eine gute Zeit haben und richtig viel Freude an der neuen Rolle als Frau empfinden.

Ein Geheimnis, weshalb mein eigener Weg so reibungslos verlaufen ist, war mit Sicherheit meine gute Laune und mein Spaß am neuen Leben als Frau. Na klar mußte ich oft über mich selbst lachen, wenn der Rock mal wieder zu kurz war, oder wenn der Bartschatten durchs Camouflage wuchs. Und ein echtes Highlight natürlich meine blonde Phase, als ich unbedingt eine echte Blondine sein wollte. Holy Moly, wie haben das die Kollegen nur ausgehalten?

Ich habe bestimmt jeden Fehler begangen, den man nur machen kann, aber ich hab trotzdem Spaß dabei gehabt und mich ganz selbstbewußt bewegt. Und irgendwann war ich drüben. Ich hatte erfolgreich 'rübergemacht'. Und das schafft ihr auch, aber niemals mit Jammern, Weinen und (ver)Klagen.

Du kannst ruhig Trans sein, aber du mußt Spaß dabei haben, Baby!

Dienstag, 23. Juni 2009

Die Personalabteilung ruft an

Mein Dienstapparat klingelt: "Hallo, guten Tag, hier ist Frau Sowienoch. Ich führe Ihre Personalakte und mir ist gerade aufgefallen, dass da noch ein ganz altes Foto von Ihnen drin ist. Irgendwie passt das jetzt nicht mehr so richtig. Wenn Sie mir ein Neues bringen, dann tausche ich es gleich aus."

Ich bin total überrascht und freu mich natürlich über den netten Anruf meiner Kollegin. Ich biete an, ihr gleich ein aktuelles Foto mit der Dienstpost zukommen zu lassen. Ich habe ja noch einen Satz Passbilder im Schreibtisch liegen, die unsere Lichtbildstelle im LKA für meinen neuen Dienstausweis gemacht hat.

"Ach," sagt sie, "kommen Sie doch einfach rüber mit dem Foto, dann tausch ich es gleich aus. Ich sitze im Haus nebenan gleich über der Wasserschutz."

Kaum zu glauben und dann heißt es immer, die Bürokratie sei schwerfällig. Oder ist das versteckte Kamera? Nachdem ich aber weder Paola, noch Kurt Felix entdecken kann, nehme ich ein Passfoto und stöckel kurz rüber zu den Enten*.

Frau Sowienoch und ich verstehen uns auf Anhieb. Wir unterhalten uns sehr nett, während sie mein altes Bewerbungsfoto aus der Personalakte löst und durch das neue Svenjafoto ersetzt. Das alte SvenFoto darf ich als Erinnerung mitnehmen. Es ist mein Bewerbungsfoto aus dem Jahr 1982. Hättet ihr mich darauf erkannt?

Fazit: Mein Dienstherr, die Landespolizei, verblüfft mich immer wieder. Nicht nur, dass sie mir keine Steine in den Weg gelegt haben, sondern die haben mich von Anfang an unterstützt. Ob das die Kostenübernahme der Laserepilation war, oder die Versorgung mit Medikamenten zur Hormonbehandlung, es hat reibungslos funktioniert.
Oder ist das letztlich ein Trick der Personalabteilung, weil das Land sparen muß? Durch mich erhöht sich die Frauenquote, ohne dass eine weitere Beamtin eingestellt werden muß. Und schwanger werde ich vermutlich auch nicht so schnell. Ich werde das im Auge behalten, mein Mißtrauen ist geweckt.

*Enten: Ein liebevoller Ausdruck anderer Sparten für die Beamten der Wasserschutzpolizei. Ist nicht böse gemeint!

Sonntag, 21. Juni 2009

7 Tipps für ein besseres Passing - Die Stimme

Wir bemühen uns um eine weibliche Sprechweise, ohne dabei tuntig zu klingen. Unsere männliche Sprechweise und die mackerhaften Ausdrücke legen wir ab. Dabei kontrollieren wir uns ständig selbst.


Weibliche Stimme als TransgenderDieser Punkt meiner Passingserie ist ein bisschen schwieriger zu vermitteln, denn er fordert von euch etwas mehr Fantasie und Willen zum Mitmachen.
Die weibliche Stimme klingt zwar heller und weicher, als eine Männerstimme, aber selbst eine Frau mit tiefer Stimme wird nicht gleich für einen Mann gehalten. Der Trick liegt zum Teil darin, dass Frauen anders sprechen als Männer. Sie drücken sich anders aus und sie sagen ganz andere Dinge mit völlig anderen Worten.

Stellt euch einmal eine Runde von Männern vor, die sich über einen neuen Sportwagen unterhält. Neben technischen Details kommen sicher auch viele Superlative und Kraftausdrücke vor. Aber würde einer von den Jungs sagen: "In rot sieht der bestimmt auch total süß aus." Oder: "Die cremefarbenen Ledersitze sind ein Traum und dabei so stylish."? Wohl eher nicht.
Frauen unterhalten sich über dasselbe Thema völlig anders, sie beurteilen Dinge generell aus einer weiblichen Sicht. Die kann genauso emotional sein, oder ganz praktisch, oder völlig ablehnend, aber in allem wird stets auch eine weibliche Denk- und Sprechweise deutlich.

Mir fällt das manchmal auf, wenn ich mit meinen Transfreundinnen zusammensitze. Einige sprechen schon total weich und weiblich. Sie benutzen überhaupt keine mackerhaften Kraftausdrücke mehr. Ihre Stimme klingt weich, sie sprechen nicht so druckvoll und sie bemühen sich um eine eher sanfte Ausdrucksweise.
Dann habe ich andere Freundinnen, die auch schon ein sehr gutes optisches Passing haben. Sie sehen toll aus, doch wehe, sie machen den Mund auf. Dabei haben sie gar keine besonders dunkle Stimme, nein, sondern es ist die ganze Art und Weise zu sprechen. Laut und druckvoll, in männlichen Worten mit Kraftausdrücken und männlicher Attitüde. Völlig unpassend und manchmal recht unangenehm.

Ich möchte ein paar Beispiele nennen, die vielleicht klischeehaft wirken, die euch aber verdeutlichen sollen, was ich meine:
Er: "Ouh, scheiße! Das pisst schon wieder."
Sie: "Oh, sowas Dummes, es regnet schon wieder."
Jungs benutzen gerne Kraftausdrücke, sogar wenn es um Computer geht.
Er: "Ich baller mir erstmal den ganzen OfficeSchice komplett auf die Festplatte."
Sie: "Ich werde das Office-Paket diesmal komplett installieren."

Männer wollen mit ihrer Sprache nicht nur Informationen weitergeben, sondern auch Kraft und Coolness vermitteln. Sie benutzen Kraftausdrücke und "ballern, hauen, knallen, heizen, kacheln, donnern" und so weiter und so fort. Natürlich benutzen auch Frauen Kraftausdrücke, aber sie werden deshalb noch lange nicht für Transen gehalten.

Manchmal in einer Bar mache ich mir den Spaß, bewußt mein Passing zu opfern. Ich stöckel in meinem Mini zum Tresen und gebe in meiner weiblichen Sprechweise eine Bestellung auf. "Manfred, kann ich bitte noch zwei Weißwein haben?" Die übrigen Gäste am Tresen reagieren nicht weiter auf mich. Eine Frau hat eine Bestellung aufgegeben. Offensichtlich kennt sie den Wirt und ganz offensichtlich hat sie eine Vorliebe für etwas zu kurze Röcke.
Dann bei der nächsten Runde versuche ich es anders. Ich bölke in tiefer Stimme laut über den Tresen: "Manni, machst noch ma zwei?!" Wow, jetzt haben wir eine Reaktion. Die Gesichter der Jungs am Tresen sind wirklich sehenswert.

Oder kennt ihr diesen blöden Spruch "Kentucky schreit ficken", sowie irgendjemand die Imbisskette "Kentucky Fried Chicken" erwähnt? Das ist für mich der ultimative und niemals versagende Mackertest. Kaum ein Macker by Heart kann diesem dämlichen Idiotenspruch Joke widerstehen.

Ich bemühe mich ständig um meine weibliche Sprechweise und inzwischen ist es mir in Fleisch und Blut übergegangen. Dabei ist es sehr hilfreich, wenn ich etwas leiser spreche. Gleichzeitig vermeide ich männliche Vokabeln und Kraftausdrücke. Das gelingt mir natürlich nicht immer, besonders wenn ich sauer, oder wütend bin. Aber meistens merke ich sofort: "Oh, oh, das war nicht so gut." Außerdem erwarte ich von meinen Freundinnen, dass sie mich darauf hinweisen: "Sowas sagen wir nicht, Svenja!" Was einmal als Joke unter Freundinnen begann, hat sich inzwischen als gute Trainingsmethode erwiesen, um sich eine männliche Attitüde abzutrainieren.

Eventuell kann euch eine Logopädin beim Stimmtraining helfen, aber man kann es auch ganz gut alleine hinbekommen. Dabei sind optisches und akustische Passing eine Einheit. Meine Stimme ist glaubhaft genug, um zusammen mit dem weiblichen Aussehen nicht für ein ungewolltes Outing zu sorgen. Aber am Telefon, wo der optische Eindruck fehlt, da halten mich noch immer alle für einen Mann. Letztens konnte ich die Hotline bei VISA nicht davon überzeugen, dass ich ICH bin. Selbst nachdem ich alle Kontrolldaten fehlerfrei aufgesagt habe, glaubten sie mir nicht, dass ich die Karteninhaberin bin. Aber wer weiß, wenn ich fleißig weiter an mir arbeite, bekomme ich vielleicht eines Tages auch das noch in den Griff.

Fazit:
Mit ein wenig Aufmerksamkeit und Hartnäckigkeit können wir lernen, eine weiblichere Stimme als bisher zu entwickeln. Wir vermeiden männliche Vokabeln und Kraftausdrücke und wir sprechen ein wenig leiser und sanfter. Mit ständiger Selbstkontrolle und mit Hilfe unserer Freundinnen können wir uns eine Sprechweise antrainieren, die unser optisches Passing nicht kaputt macht. Es wird vielleicht nicht reichen, um die Jungs bei VISA zu überzeugen, aber im täglichen Gespräch face to face wird es ausreichen, um als Frau wahrgenommen zu werden.

Mittwoch, 17. Juni 2009

Svenja ist in der Zeitung

Transgender Nordelbische Svenja"Wir machen ein Special zum Thema 'Die perfekte Frau' und da kam mir sofort dein Blog in den Sinn." Mit allem hatte ich gerechnet, aber nicht nicht mit der Interviewanfrage einer renommierten Wochenzeitung, wie 'Die Nordelbische'.

Als evangelisch-lutherisches Kirchenblatt deckt Die Nordelbische wöchentlich unterschiedliche Themenbereiche rund um Gemeinde und Gesellschaft ab. Dabei geht es jedoch keinesfalls nur um kirchliche Themen. Ich bin erstaunt über den Mut der Redaktion, ein Thema wie Transsexualität anzuschneiden, denn sicherlich wird es aus der Leserschaft nicht nur positive Reaktionen geben. Doch andererseits unterscheidet sich die evangelische Kirche hier ganz deutlich und sehr klar von der Position der katholischen Kirche zur Transsexualität. Der Papst selbst hatte sich im Dezember 2008 in seiner Festtagsansprache deutlich gegen jede Form von Geschlechtsumwandlung ausgesprochen. Ich erinnere mich noch, wie mich seine Rede verletzt hat, denn in der Weihnachtszeit 2008 befand ich mich gerade in einem tiefen depressiven Loch. "Nicht mal Die wollen dich", dachte ich damals, "dabei sind Die doch für Nächstenliebe und Verständnis zuständig. Aber nicht mal Die...!"

Umso mehr freue ich mich auf das Interview mit Paula, einer fröhlichen jungen Frau aus der Redaktion der Nordelbischen. Wir treffen uns im Café Chelsey und sind schon nach wenigen Minuten in ein angeregtes Gespräch vertieft. Mit unserer guten Laune stecken wir uns gegenseitig an und Paula versteht es dabei ausgezeichnet, ein gutes Gesprächsklima zu schaffen. Ein wenig wirkt vielleicht auch der ausgezeichnete Pinot Grigio mit, den Eddie mir serviert.

Fazit:
Mir gefällt der Zeitungsartikel richtig gut. Der Beitrag ist mit guter Herzensbildung geschrieben und er berichtet davon, dass Transgender ansonsten ein ganz normales Leben führen. Wir haben Jobs, wir haben Freunde, wir essen, trinken und kaufen ein und manchmal sind wir erkältet, oder haben Rückenschmerzen, so wie andere Menschen auch. In dieser Darstellungsweise unterscheidet sich der Artikel wohltuend von der Berichterstattung anderer Medien, die Transsexuelle gerne in BILD und Fernsehen zur Freakshow antreten lassen. Dabei sind wir doch nur transsexuell. Keine große Sache eigentlich.

Mittwoch, 10. Juni 2009

7 Tipps für ein besseres Passing - MakeUp

Svenjas Passing Tipp 4Wir schminken uns jeden Morgen ein weibliches Gesicht in einem professionellen Ich-bin-eine-Frau-und-kein-Transvestit Look und bemühen uns wirklich jeden Tag darum, die beste Version von uns zu sein, die wir nur hinkriegen können.

Svenja Transgender Passing TippsEin gutes Passing ganz ohne MakeUp ist für Transgender Girls nahezu unmöglich. Jedenfalls dann nicht, wenn sie älter sind als fünfzehn. Wir wollen deshalb üben, uns ein hübsches, aber trotzdem unauffälliges Gesicht für den Alltag zu malen.

Es geht hierbei nicht um das große dramatische Abend MakeUp, nicht um Smokey Eyes und nicht um Pouty Lips, sondern um den unauffälligen weiblichen Jeden-Tag-zur-Arbeit-stöckel-Look. Er ist nicht für die Disco gedacht, sondern für das helle Tageslicht und für die kritischen Augen unserer Arbeitskollegen.

Besonders in der ersten Zeit nach dem Outing wird sich ein schlechtes MakeUp katastrophal auf unser Standing in der Firma auswirken. Im Klartext: Zuviel MakeUp, zu bunt, oder auch zuwenig Schminke machen uns komplett zum Löffel.


Schon nach wenigen Wochen werden euch die Handgriffe so vertraut sein, dass ihr nur noch 10 Minuten für das komplette MakeUp einzuplanen braucht. Um schnell eine Routine zu entwickeln, Zeit zu sparen und nichts zu vergessen, ist es hilfreich, sich immer an den gleichen Ablauf zu halten. Für mich hat sich der Folgende bestens bewährt.

1. Reinigung und Feuchtigkeit (ca. 1 min.)
Die meisten von uns werden sich morgens noch immer rasieren müssen. Wenn danach das Gesicht mit kaltem Wasser gewaschen wird, ist die Reinigung schon erledigt. Anschließend tragen wir eine leichte Feuchtigkeitscreme auf, die nicht fetten darf. Kauft euch dazu eine günstige Tagescreme. Fast jede Creme ist geeignet, sie darf nur nicht fetten. Also keine Nachtcreme und keine NIVEA Creme. Die günstige Tagespflege von ALDI reicht völlig aus. Wir cremen das Gesicht damit dünn ein. (test 12/2008)

2. MakeUp (ca. 2 min. mit Camouflage +3 min.)
Das MakeUp sollte eine winzige Nuance heller als der eigene Hautton sein. Auf keinen Fall darf es deutlich dunkler sein. Der zweite Faktor ist die Deckkraft. Ein leichtes MakeUp deckt nicht genügend ab. Camouflage hingegen verfügt über die Deckkraft von Rigibsplatten und lässt das Gesicht daher oft maskenhaft wirken. Wir benutzen Camouflage tagsüber nur, wenn wir damit einen Bartschatten abdecken müssen. Ich selbst verwende gerne ein MakeUp mittlerer Deckkraft und benutze zur Zeit Lasting Finish 16hour Foundation von Rimmel. (test 12/2007)

Das MakeUp verteilt sich am einfachsten mit den Fingerspitzen. Ein Schwämmchen braucht man dazu nicht. Ich gebe für jede Gesichtshälfte einen etwa erbsengroßen Klecks auf die Fingerkuppe und verreibe ihn dann gleichmäßig von unten nach oben im Gesicht. Ich beginne am Unterkieferknochen und arbeite das cremige MakeUp sorgfältig von unten nach oben in die Haut ein. Ganz wichtig ist es, die Stirn und den Hals nicht zu vergessen. Für die Stirn reicht ein winziger Tropfen. Zum Hals hin das MakeUp sanft ausstreichen. Es darf kein Rand zwischen Gesicht und Hals erkennbar sein.
Eine Schicht MakeUp reicht wirklich aus. Das Ergebnis wird durch weitere Schichten selten besser, aber häufig schlechter. Es dauert ein bis zwei Minuten bis das flüssige MakeUp auf der Haut angezogen hat und die endgültige Deckkraft erreicht ist. In dieser Zeit schminke ich mir die Augen.
Zum Schminken von Stirn und Hals benutze ich übrigens gerne einen meiner sonst unbenutzten MakeUp Fehlkäufe.

3. Kajal Eyeliner (ca. 2 min.)
Der Lidstrich erfordert ein wenig Übung bis er richtig sitzt. Er betont das Auge und lässt die Wimpern dichter aussehen. Wir malen einen dünnen schwarzen Strich auf dem Oberlid unmittelbar entlang der Wimpern. Der Strich soll nach außen ganz leicht ansteigen. Am unteren Lid malen wir den Kajalstrich so dünn es nur geht. Auf keinen Fall umranden wir unsere Augen einmal komplett dick und schwarz. Das steht nur Kühen wirklich gut.
Wenn der Strich stellenweise zu dick geworden ist, lässt sich die Stelle mit einem Wattestäbchen trocken wegreiben.
Ich benutze täglich den Stay On Eye Pencil von Nivea. Damit lässt sich super arbeiten und er hält wirklich ausgezeichnet. (Testsieger test 10/2008)

4. Lidschatten (ca. 2 min.)
Ich verwende einen Lidschatten aus zwei farblich abgestimmten Nuancen. Hautähnliche Brauntöne wirken dabei besonders natürlich. Vorsicht aber mit bunten Lidschatten. Dieser Look geht schnell völlig daneben und ruiniert ein gutes Tages MakeUp. Bunter Lidschatten muß genau auf euren Typ und auf die Klamotten abgestimmt sein und muß außerdem perfekt gearbeitet sein.
Wir beginnen mit dem dunklen Ton des Lidschattens und tragen ihn auf den beweglichen Teil des Augenlids auf. Am besten holt ihr euch dazu im Drogeriehandel ein ganzes Set verschiedener Applikatoren (z.B. Rossmann, 2,99 €). Damit lässt sich besser arbeiten als mit den beiliegenden Stielschwämmchen. Den zweiten, helleren Farbton tragen wir unterhalb der Augenbrauen auf und lassen ihn nach außen hin auslaufen. Viele Lidschattensets haben einen dritten Farbton. Den benutzt man in der Lidfalte als Übergang zwischen beiden Farbtönen. Er ist aber wirklich nicht nötig für unser Every-Day-MakeUp.
Lidschatten trage ich übrigens nicht jeden Tag. Wenn die Augen allein mit Kajal und Wimperntusche geschminkt sind, ergibt das einen besonders natürlichen Nude Look. Das entscheide ich jeden Morgen neu, denn natürlich gibt es auch Tage, an denen will man alles geben :-)

5. Wimperntusche (ca. 2 min.)
Durch Mascara werden die Augen zusätzlich betont und der Blick wird noch ausdrucksvoller. Am schwierigsten ist es, die Wimpern sorgfältig zu tuschen, ohne dass sie verkleben. Deshalb trenne ich meine Wimpern vor dem Tuschen mit einem Wimpernkamm und einer Wimpernbürste. Diesen Schritt könnt ihr weglassen, wenn eure Wimpern nicht so dicht sind. Die Bürste wird vom Wimpernansatz mit einer leichten Drehung nach oben in die Spitzen gezogen, solange bis die Wimpern schön gleichmäßig getuscht sind. Falls Wimpern zusammenkleben, trenne ich sie mit einem kleinen Holzstäbchen, was eine ruhige Hand und etwas Übung erfordert.
Übrigens rate ich von wasserfestem Wimpernroller ab. Die Wimpern werden davon hart wie Zement und können sogar abbrechen. Den braucht man wirklich nur im Schwimmbad, oder falls man eine totale im-Kino-HeulSuse ist, wie ich.

6. Augenbrauen (ca. 1 min.)
Mit dem Wimpernkamm kämme ich meine Augenbrauen in Form. Danach benutze ich einen Augenbrauenstift, und male die Brauen damit nach, um sie optisch zu verdichten. Außerdem fülle ich damit kleine Stellen auf, wo ich mich verzupft habe.

7. Puder (ca. 1 min.)
Das MakeUp fixiere ich mit einem leichten Transparentpuder. Das Geheimnis liegt dabei in einem guten Puderpinsel, der groß und weich ist und trotzdem nicht haart. Das Puder fixiert das MakeUp und lässt es noch gleichmäßiger und damit perfekter aussehen.

8. Rouge (ca. 1 min.)
Etwas Rouge lässt euer Gesicht lebendiger aussehen, doch auf die richtige Menge kommt es an. Man erwischt schnell zuviel davon und sieht dann im hellen Tageslicht aus wie Popow der Clown. Das Rouge wird mit einem kleinen Rougepinsel nur auf die Wangenknochen aufgetragen. Ihr müsst es aber zu den Rändern hin leicht ausstreichen, um nicht versehentlich den Oma mit den Apfelbäckchen Look zu erzeugen.

9. Lippenstift (ca. 1 min.)
Einen Lippenstift aufzutragen ist nicht gerade Atomphysik. Ihr malt einfach das Lippenrot nach und zwar ohne zu schummeln und eure Lippen künstlich zu vergrößern. Fertig. Und vergesst unbedingt den Trick mit der äußeren Lippenkontour mit Lipliner. Das sieht nur bei Dolly Buster gut aus und ist tagsüber im Dienst deutlich too much.
Die Farbe des Lippenstifts soll zum Outfit passen, oder am besten total unauffällig sein. Tagsüber tragen wir übrigens keine knallroten Lippen. Was bei Dita von Tese auf der Showtreppe echt klasse aussieht, macht uns morgens in der Firma ganz sicher zum Obst.

10. Parfüm
Das ist für mich der abschließende Part des MakeUps. Auch fürs Büro trage ich zumindest einen leichten Duft auf. Wohlgemerkt, einen leichten Duft und nur einen kleinen Spritz. Nicht Opium, Angel, oder anderes schweres Geschütz.

Die häufigsten Fehler
1. Ein schlecht überschminkter Bartschatten
2. Ein zu dunkler Farbton des MakeUps
3. Vergessen, den Hals zu schminken, bzw. den Übergang zu kaschieren
4. Schlecht gezupfte Augenbrauen Marke Theo Waigel
5. Bunter Lidschatten á la happy Hauptschule
6. Die Lippen zu groß gemalt und/oder mit dunklem Outliner umrandet

Ein gutes MakeUp hält vom Aufstehen bis zum Feierabend. Besonders das 16 hour MakeUp von Rimmel ist sehr haltbar und dazu noch recht preiswert. Bei öliger Haut solltet ihr das MakeUp zwischendurch mit Transparentpuder neu fixieren. Damit kommt ihr dann locker über den Tag. Ich wünsche euch viel Freude an eurem neuen weiblichen Look.
Vielleicht schreibt ihr mir mal im Kommentar, wie ihr mit der Anleitung zurecht kommt und wie eure Ergebnisse damit sind. Ich würde mich sehr freuen.

Sonntag, 7. Juni 2009

Pumps statt Sneakers

Kann es sein, dass städtische Bodenbeläge grundsätzlich von Feministinnen ausgesucht und dann von Männern verlegt werden? Stecken vielleicht sogar Deichmann, Mister Minit und Birkenstock höchstpersönlich dahinter? Oder gibt es sogar eine Geheimgesellschaft der Absatzilluminaten?
Ich bin jedenfalls richtig sauer und kann langsam verstehen, weshalb Sneakers sich besser verkaufen als Pumps.

Svenja Pumps Kiel

Mittwoch, 3. Juni 2009

Transgender zur Europawahl 2009

Transgender Europawahl 2009"Transgender, Lesben und Schwule darf man nicht verkloppen! Man darf ihnen nicht einfach so ihre Jobs kündigen, sie nicht beleidigen und soll sie auch sonst einfach in Ruhe lassen. Sie sollen friedlich und gleichberechtigt leben können."

Weshalb ich das schreibe? Weil genau das der Grund ist, weshalb die Europawahl 2009 so wichtig ist und weshalb ich meine Stimme abgeben werde. Und genau dasselbe erwarte ich von euch: Am kommenden Sonntag zieht ihr euch was Nettes an, nehmt eure Wahlbenachrichtigung in die linke und den Personalausweis in die rechte Hand und stöckelt damit in euer Wahllokal.

Ich selbst bin politisch kein besonders interessierter Mensch. Aber diese Europawahl ist wichtig für mich. Warum? Weil das europäische Parlament eine wichtige Richtlinienkompetenz gegenüber seinen Mitgliedsstaaten hat. In Brüssel werden grundsätzliche Richtlinien für nationales Recht festgelegt. Das EU Parlament macht den Mitgliedsstaaten Vorschriften, die sie in nationale Gesetze umsetzen müssen. Eine wichtige Grundidee lautet: "Niemand darf aufgrund seiner geschlechtlichen Identität, oder seiner sexuellen Orientierung diskriminiert, oder gar verfolgt werden." Das meinte ich mit: "Die dürfen uns nicht verkloppen."

Das sei selbstverständlich, denkt ihr? Großer Irrtum! Glaubt ihr wirklich, dass Transgender, Lesben und Schwule sich in Warschau, Ljubljana, Sofia und Bukarest genauso frei und selbstverständlich bewegen können, wie ich das in Kiel tun kann? Das sie nach ihrem Outing genauso weiterarbeiten dürfen, wie ich das z.B. bei der Landespolizei Schleswig-Holstein tun kann?

Das Europaparlament hat in der Vergangenheit schon einige durchaus Transgender-freundliche Entscheidungen getroffen. Leider tritt es aber jenen Staaten nicht genügend auf die Füße, die diese Vorschriften nicht umsetzen. An einen EU-Beitritt der Türkei mag ich in diesem Zusammenhang gar nicht denken.

Durch die neu hinzugekommenen Mitgliedsstaaten der letzten Jahre könnte es geschehen, dass sich das Gleichgewicht in Brüssel zu unseren Ungunsten verschiebt. Umso wichtiger ist es, dass Deutschland von einer Partei im EU-Parlament vertreten wird, der die Rechte Transsexueller wichtig sind. Ein Vergleich mit den veränderten Verhältnissen, wie sie sich nach der Osterweiterung beim Eurovision Song Contest ergeben haben, ist nur auf den ersten Blick lächerlich.

Wer sich nicht entscheiden kann, ist gut beraten den Wahlomat zu fragen. Dieser Onlinetest der Bundeszentrale für Politische Bildung, hilft euch dabei, eure eigene Überzeugung mit den Positionen der politischen Parteien zu vergleichen. Der Test macht Spaß, ist total einfach und völlig anonym. Außerdem ist das Ergebnis manchmal sehr überraschend. Probiert es doch mal aus, hier gehts zum Wahlomat.