Samstag, 11. Juli 2009

Poetry Slam in der Schaubude Kiel

Schaubude Kiel SvenjaOb ich mitgehe zum Poetry Slam, fragt mich die beste Kollegin von allen. "Ach bitte, das ist auch echt total toll." fügt sie hinzu, als ich nicht gleich begeistert zustimme.

Dabei zögere ich nur, weil ich nicht die geringste Ahnung habe, was das überhaupt für ein Biest ist, so ein Poetry Slam. Doch Sie klärt mich auf: Der Poetry Slam ist eine Dichterschlacht, bei der Poeten mit selbstgeschriebenen Texten gegeneinander antreten. Jeder kann mitmachen und hat sechs Minuten Redezeit. Die Texte können lustig oder traurig sein, Prosa oder Poesie. Am Ende entscheiden eine Jury und der Applaus des Publikums über den Sieger des Abends.

In Gedanken wäge ich Chancen und Risiken der Veranstaltung gegeneinander ab. Pro: ich verbringe vielleicht einen total netten Abend zusammen mit meiner Freundin und kann außerdem mein neues Vero Moda Strickminikleid ausführen. Contra: vielleicht ist so ein Dichterwettstreit grottenlangweilig und der Weißwein dort schmeckt wie Laternenpfahl ganz unten. Ich kann das jetzt noch nicht wissen, aber am Ende wird eines der beiden Contras fett zutreffen!

Ich bin skeptisch, aber mit einem langgezogenen „okeeeh“ verspreche ich Ihr, sie zu begleiten. Ich merke selbst, wie dünn das klingt und lege schnell noch einen nach: „Ich freu mich schon total darauf.“ Ich hüstele und fasse mir dabei unauffällig an die Nase. Nein, sie ist nicht länger geworden.

Der Poetry Slam findet in der Kieler Schaubude statt. Als der Laden gegen 21 Uhr öffnet und wir durch den schweren schwarzen Vorhang treten, erwartet uns eine dichte, dunkle Clubatmosphäre. Welch ein cooler Laden, denke ich und fühle mich auf Anhieb wohl.

Die Leute drängen herein und schon nach wenigen Minuten ist die Schaubude bis auf den letzten Platz besetzt. Viele hocken einfach vor der Bühne auf dem Fußboden. Andere sitzen in den Fensterbänken der großen Außenscheiben, die mit Holz vernagelt sind. Kein natürlicher Lichtstrahl dringt herein und Stühle gibt es kaum.

Mit geübtem Blick finden wir zwei sehr gute Plätze an der Bar. Von hier aus haben wir freie Sicht auf die Bühne, auch wenn wir leider stehen müssen. Ich trage meine bequemen Ballerinas, doch Sie in ihren hohen schwarzen Pumps muss ganz schön leiden. Das hier ist eindeutig Chucks Country, denke ich.

Team und Struppi Schaubude Poetry Slam

Endlich geht es los und ein langer, schlaksiger Typ betritt die Bühne. Es ist Björn Högsdal, der Veranstalter des Slam. Mit seiner lockeren Art zieht er das Publikum schnell auf seine Seite. Der erste Poet hat es am schwersten, weil das Publikum noch kalt ist. Björn wirft sich daher vor Beginn mit einem eigenen Text außer Konkurrenz ins Feuer. So schlägt er gleich fünf Fliegen mit neun Klappen: er bringt das Publikum in Stimmung und kann dabei seine neuen Texte ausprobieren.

Nacheinander treten jetzt die Poeten auf die Bühne. Sie stehen dort ganz allein nur mit ihrem Text und mit sich selbst. Ich würde bewußtlos werden vor Lampenfieber. Doch die Poeten an diesem Abend sind erfahrene Slammer und wirken völlig cool. Die verrückten anarchisch lustigen Texte von Team & Struppi machen es uns leicht. Die beiden sind mega witzig und meiner Freundin tropfen die Lachtränen nur so in den Ausschnitt.

Ein anderer Blogger hat sich einmal beschwert, das Publikum sei zu laut gewesen, doch bei Anke Fuchs Auftritt „Was wisst ihr schon davon“ wird es still in der Schaubude und das Lachen bleibt mir im Halse stecken. Poetry Slam ist nicht StandUp Comedy, auch wenn viele lustige Texte vorgetragen werden. Seht euch das Video an, dann habt ihr einen perfekten Eindruck von der besonderen Atmosphäre beim Poetry Slam.



Am Ende bin ich so begeistert von meinem ersten Slam, dass ich sogar vergessen habe, wer gewonnen hat. War es der nette Junge aus der Schweiz? Oder war es Anke? Ich weiß es nicht mehr und es ist auch nicht wichtig, denn die Poeten waren alle klasse.

Nicht vergessen aber habe ich den Weißwein, mit dem ich absolut Recht behalten sollte. Die Auswahl beschränkte sich auf den nehme ich oder den nehme ich nicht, aber schmecken tat der Wein fast genauso mies wie in der BAZILLE. Jungs, das Zeug ist schlimmer als jeder Glykol Verschnitt aus'm TetraPack. Das muss unbedingt besser werden.

Fazit: Falls euch mal irgendwann eine Freundin fragt, ob ihr mit zum Poetry Slam gehen wollt, dann erwarte ich ein begeistertes: „Hurra, na klar!“ Macht es einfach, es lohnt sich wirklich. Wir sehen uns beim nächsten Slam.

Transfaktor: Eins Plus. Das Publikum sind überwiegend Studenten. Tolerant, weltoffen und außerdem total mit sich selbst beschäftigt. Als T-Girl könnt ihr ganz beruhigt dorthin gehen. Es ist ganz sicher lustig und ihr braucht keine Angst vor dummen Sprüchen oder vor Anfeindungen zu haben.

16 Kommentare:

Bea hat gesagt…

So ein schöner Bericht. :o)

Es war wirklich ein toller Abend. Und wer gewonnen hat, das hab ich auch vergessen. (Könnte Anke gewesen sein. Oder der Junge aus der Schweiz.) Ich fand sie alle gut. Jeden auf seine Art. Ich freue mich schon auf unseren nächsten Slam-Besuch. (Vielleicht sollten wir einfach ein bis acht Flaschen Blanchet einschmuggeln?)

ednong hat gesagt…

Also bei blogspot ist das ja reichlich kompliziert - man muß Skripte von blogger.com erlauben, um kommentieren zu können. *seufz*

Egal. Poetry Slam hat was. Konnte es zwar noch nicht live erleben, aber habe mal 2 Sendungen im TV dazu gesehen - einfach nur klasse. Und ja, der Wein - entweder überteuert (dann schmeckt er) oder günstig. Dann aber ungenießbar ;)

Svenja-and-the-City hat gesagt…

@Bea: oh, wir werden wieder zum Slam gehen, auch wenn die Atmosphäre im Kino bestimmt nicht so cool ist, wie in der Schaubude. Und mit dem Blanchet, das ist eine gute Idee.
@Ednong: Es lohnt sich hinzugehen und die besondere Atmosphäre zu genießen. Und auch leckerer Wein kann günstig sein. Ich bin da nicht mal anspruchsvoll.

die Göre hat gesagt…

sehr schöner bericht!! habe mich kurzzeitig angesprochen gefühlt, weiß nur leider nicht mehr, wo genau das war ;) war auch mal in köln bei poetry slam und versuche keine sendung im tv zu verpassen!

Svenja-and-the-City hat gesagt…

@die Göre: vielleicht weil du die Prinzessin von Chucks Country bist und du es uns gleich gesagt hättest: "Zieht bloß Chucks an!"?

Bea hat gesagt…

@ die Göre:
Du hättest wirklich sagen müssen "Zieht bloß Chucks an!" ... ach nee, dann hätte ich wohl alleine da hin gehen müssen. Vergiss es. Alles ist gut. :o)

Svenja-and-the-City hat gesagt…

@Bea: nicht nur, dass ich selbst keine Chucks angezogen hätte, außer in gold oder roas mit Glitzer, nein, ich wäre auch nicht mitgegangen, wenn du Chucks angehabt hättest. Deine schwarzen Pumps waren doch Teil der Abmachung, oder?!

Bea hat gesagt…

@ Svenja:
ist ja schon ok. Ich hab ja schon alles wieder zurück genommen. (Auch nicht, wenn ICH rosa Chucks mit Glitzer angezogen hätte? *kopfeinzieh*)

Svenja-and-the-City hat gesagt…

@Bea: kommt dann schon sehr auf den Rock und die Strümpfe an. Sehr, sag ich dir!

Nina hat gesagt…

Oh, so was würde ich auch gerne mal live erleben. Guck ich sonst ganz gerne im Fernsehen. Manches ist recht albern, aber meist sind auch ein paar richtig tolle Künstler dabei.

Svenja-and-the-City hat gesagt…

@Nina: außer mir scheint wirklich fast JEDER den Slam zu kennen. Ich hatte never zuvor davon gehört und dass er sogar im TV übertragen wird, finde ich erstaunlich.
Auf Youtube findet man endlos Poetry Slam Videos.

die Göre hat gesagt…

Richtig, dass hätte ich gesagt!! Aber "Prinzessin" von Chucks Country?!? Im VZ hab ich ne schöne Gruppe, die super passt: !Fuck Prinzessin! Wenn ich groß bin, werd ich Pirat!" ;)

Anonym hat gesagt…

ich war bisher noch auf keinem Poetry Slam, habe aber immer mal wieder reingezappt, wenn im TV was in der Richtung zu sehen war und war stets begeistert über das Maß an Eloquenz, das da an den Tag gelegt wird.

Vielleicht schau ich mir das Spektakel mal live an, wenn ichs mitbekomme.

Paula hat gesagt…

Sehr schön!
Und dumm: dann hätte ich mich ja doch nicht verkriechen müssen am Samstag...

Allerliebst, Paula.

Dicki hat gesagt…

Schöner Bericht, auch wenn ich den offensichtlich ein wenig spät zur Kenntnis genommen habe. Danken wir den Kieler Nachrichten. Du darfst mir gerne mal nen Wein empfehlen und vielleicht, wenn du den nächsten Slam am 23.09. in der Schaubude besuchst, ziert er schon mein Schnapsregal.
In diesem Sinne...Prost

Svenja-and-the-City hat gesagt…

@Die Göre: Chucks werden für mich auf ewig mit dir verbunden sein. Das war eine coole Zeit, als du uns hier in Kiel besucht hast. Und Pirat? Das bist du doch längst :-)

@Istschonzeit: Das lohnt sich unbedingt. Ich glaube, dafür wurde der Begriff: authentisch extra erfunden.

@Paula: Wärste mal mitgekommen. Aber das ist ja noch ganz, ganz oft.

@Dicki: Ach, mit dir muss ich meckern wegen dem Wein? :-)
Nein, im Ernst, irgendwas Leichtes, das nicht so einen fiesen Eigengeschmack hat. Blanchet ist sicher zu teuer? Aber eure Preise sind perfekt, da kann echt keiner meckern.
Bis demnächst.... Svenja

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