Donnerstag, 23. April 2009

Statisten des Skandals

Svenja and the City im SchauspielhausEs gibt viele Gründe, warum ich gerne ins Theater gehe. Wo sonst kann ich als Transgender mehr über authentisches Rollenverhalten lernen? Wo sonst bin ich im kleinen Schwarzen so gut aufgehoben? Und wo sonst gibt es ein Riesenglas Pino Grigio für nur 3,50€, wenn nicht in der Künstlerkantine des Kieler Schauspielhauses?

Heute Abend sehe ich Statisten des Skandals, ein Stück um die Barschelaffäre des früheren Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Uwe Barschel. Statisten sind die Menschen, die in den Skandal hineingezogen wurden, ohne zu wissen, wie ihnen geschah. Da geht es um Barschels Fahrer, um seine Chefsekretärin, um Studienkollegen, um die Detektive, die Björn Engholm observierten und auch um die STERN-Reporter, die in Genf die Leiche Uwe Barschels gefunden haben.

Für heute abend erwarte ich ein trockenes, vielleicht sogar langweiliges und auf jeden Fall kopflastiges Theaterstück. Wäre ich nicht von einer lieben Freundin eingeladen worden, sie heißt auch Swenja (mit W), dann wäre ich gar nicht hier.

Die Vorstellung findet im Studio auf der kleinen Probenbühne des Kieler Theaters statt. Dort stehen 60 Holzklappstühle in fünf Reihen hintereinander. Auf jedem Platz kann man supergut sehen, die erste Stuhlreihe steht direkt auf der Bühne. Ich setze mich an den Mittelgang, um notfalls unauffällig zu verschwinden, falls mein Dubs die Klappstühle, oder ich das Stück nicht länger ertragen kann.

Aber soweit kommt es gar nicht, stattdessen ziehen mich die Schauspieler von der ersten Minute an in ihren Bann. Eva Krautwig, Jennifer Böhm, Gerrit Frers, Stefan W. Wang, die vier Schauspieler des Kieler Ensembles wechseln die Rollen in rasender Geschwindigkeit. Dabei werden der Name und die Bedeutung der jeweiligen Figur mit Leuchtschrift an den oberen Rand der Bühne geworfen. Es gibt keinen Kostümwechsel während des 80-minütigen Stücks.

Ich bin wie gefesselt und lasse mich selbst dann nicht ablenken, als bei der Else schräg hinter mir im Publikum das obligatorische Handy klingelt.

Fazit: Die Statisten des Skandals ist ein spannendes Theaterstück. Die Probenbühne im Schauspielhaus Kiel bietet durch die Nähe zu den Akteuren ein besonders intensives Theatererlebnis. Leider gilt das auch für die hölzernen Klappstühle, die ebenfalls für ein besonderes Erlebnis sorgen. Länger als 90 Minuten hielte mein Dubs das jedenfalls nicht aus.

10 Kommentare:

Eric hat gesagt…

Ich muss einfach mal an dieser Stelle loswerden dass du ein sehr interessantes Blog hast. Ich habe es erst von oben angefangen und dann doch von Post 1 bis zum aktuellen gelesen.

Faszinierend was du für eine physische Wandlung durchgemacht hast.
Du schreibst öfter von deinem "Passing", ein Begriff der mir vor einigen Tagen noch völlig unbekannt war - ich kenne zwar ein paar Leute die schwul oder lesbisch sind aber keinen Transgender persönlich. Vielleicht schon, aber dann muss sein oder ihr Passing perfekt sein.
Ich schweife gerade ab. Die Fotos die du hier online stellst haben zwar nur eine mäßige Auflösung, aber wenn ich nur eins der neuen Fotos kennen würde ohne die Geschichte hier, ich würde nie davon ausgehen dass du nicht dein Leben lang Frau warst. Wobei ich natürlich nur das Aussehen und nicht die Stimme kenne. Die ist aber meines Wissens auch stark hormonabhängig. Oder täusche ich mich da?
Musst du dir wirklich noch sorgen machen dass dich jemand für einen Mann hält?

Eine Frage treibt mich schon seit ich das Blog durchgelesen habe. Ich habe die Suche verwendet aber die Antwort nicht gefunden. Hast du eine Operation zur abschließenden Umwandlung gemacht oder vor? Oder sind es nur die Hormone und bleibt es dabei?

zoee hat gesagt…

das klingt wirklich sehr interessant. kommt das stück auch nach hamburg, weisst du das zufällig?

und das nächste mal nimmst du ein sitzkissen mit, dann tut's dem dubs auch nicht weh!

Svenja-and-the-City hat gesagt…

@Eric: Oh, danke schön. Zum Thema OP gibt es demnächst ein eigenes Posting. Die Kurzantwort lautet: Nein!

@Zoee: Nein, das Stück wird bislang nur in Kiel gespielt. Sitzkissen? Guter Tipp, danke. (der Dubs)

bellablog hat gesagt…

das kleid ist geil. ich will das in schwarz. und wo kann man, dazu passend, diese beine kaufen?

bellablog hat gesagt…

ach so, die schwester von uwe b. war meine französischlehrerin. ich häng also quasi auch mit drin. : )

Svenja-and-the-City hat gesagt…

@bellablog: Kleid H&M, 19,90€. Hab ich in grau, schwarz und in lilla.
Beine: Die Rache der XY-Chromosomen: garantiert ohne Zellulose. Für irgendwas muß das alles ja gut sein.

Du also auch! Hätt ich mir ja denken können!

Bert hat gesagt…

Mich würde interssieern wie das Stück für dich inhaltlich war?

Svenja-and-the-City hat gesagt…

@Bert: Es hat mir ausgezeichnet gefallen. Man muß sich das so vorstellen, dass die Statisten später interviewt worden sind und im Stück berichtend erzählen, wie sie die Affäre erlebt haben. Besonders fesselnd die Szene, in der die STERN-Reporter schildern, wie sie die Leiche Uwe Barschels fanden. Sie schildern das nahezu in Echtzeit mit all ihren Ängsten und Gedanken. Unbedingt sehenswert!

Anonym hat gesagt…

@bellablog
und ich kannte den Fahrer - sein Sohn war in meiner Sport-Gruppe ;-)

Svenja-and-the-City hat gesagt…

@Schwedenhappen: das ist ja nicht zu glauben: Die ganze Bande sucht bei mir Unterschlupf.

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