Samstag, 27. November 2010

Woher kommen deine Bilder?

Svenja-and-the-City auf Fotosafarin in Kiel"Claudia?", trompete ich fröhlich ins Telefon. "Kannst du in zehn Minuten bei mir sein? Wir müssen Fotos machen. Ich habe tausend neue Ideen für den Blog."

Schweigen am anderen Ende der Leitung.

"Claudia? Bist du da?" 

"Sag mal, Tinky Winky, weißt du eigentlich wie spät es ist?" 

"Keine Ahnung. Gleich Mittag schätze ich. Ich habe mir gerade so ein XXL-Schnitzel von ALDI gemacht." 

"Es ist ZEHN nach ACHT! Du rufst mich Samstag früh um zehn nach acht an, weil du Fotos machen willst?" 


"Nein, natürlich nicht. DU sollst doch die Fotos machen. Habe ich den Meisterbrief als Fotografin, oder du?", gebe ich leicht zickig zurück. "Ich liege aber noch im Bett und schlafe."

"Na und? Dann stehst du eben auf. Oder willst du dein ganzes Leben im Bett verbringen? Ich steh hier schon im Mantel und hab alles genau geplant. Wir müssen heute die Schulfotos machen. Eins vor Haupt und eins vor Gymi. Und ich brauch noch ein Bild, wo ich vor einer Apotheke stehe. Und wenn wir damit fertig sind, gehen wir zu ALDI. Du musst ein Foto von mir machen mit Einkaufswagen vor ALDI.

Und danach fahren wir zu mir und bauen die Studioblitzanlage auf. Ich brauch noch jede Menge Fotos. Mir gehen allmählich die Bilder für neue Postings aus. Wann kannst du ungefähr hier sein?"

Schweigen in der Leitung.

"Claudia? Bist du wieder eingeschlafen? CLAUDIA!" 

"Hmmm, was...? Oh, entschuldige. Ja, ist gut, Tinky Winky, ich zieh mich eben an und komm dann zu dir rüber." "Ja, ok, aber versuch dich ein bisschen zu beeilen, ja?" Zum Glück kann sie nicht sehen, wie ich dabei mit den Augen rolle.

Meine Güte, sind eure Freunde auch so verschlafen? Ich bin nun wirklich ein geduldiger Typ, aber Claudia schafft mich immer wieder. Sie hat echt totales Glück, dass sie gerade mich zur Freundin hat. 

Fazit: Die Fotos für meinen Blog entstehen auf ganz unterschiedliche Weise. Manche Bilder sind Schnapp­schüsse, die ich unterwegs mit dem Selbstauslöser der kleinen Lumix mache und für andere Fotos spreche ich Passanten an: "Entschuldigung, können Sie bitte mal ein Foto von mir machen, wie ich hier so stehe und total süß dabei aussehe? Und jetzt nochmal von weiter weg. Und nochmal mit Blitz und nochmal ohne und..." Erstaunlich, wie geduldig manche Menschen sind.

Doch viele Aufnahmen für den Blog macht meine beste Freundin Claudia, die tatsächlich einen Meisterbrief als Fotografin hat (und mich dabei mit ihrem Langmut und ihrem Perfektionismus regelmäßig zur Weißglut treibt).

Sonntag, 21. November 2010

10 Dinge, die echt klasse sind an meinem neuen Leben

Svenja im kleinen schwarzen Abendkleid1. Endlich ist dieser blöde Leidensdruck weg. Der war wirklich schrecklich und hat mich seit meiner Kindheit nahezu jede wache Minute gequält. Um das zu verstehen, muss man natürlich selbst betroffen sein, aber allen Anderen kann ich sagen: Im falschen Körper geboren zu werden, ist nichts für Weicheier.

2. Die meisten Menschen leben nur EIN Leben, aber ich lebe zwei und dieses Glück ist nahezu unbeschreiblich. Alles das, was ich schon einmal erlebt, erlitten, getan, gesehen und erfahren habe, geschieht jetzt noch einmal neu. Es gibt sozusagen ein zweites erstes Mal.

Selbst die ganz profanen Dinge erscheinen in einem neuen Licht: Der erste Arztbesuch als Svenja, die erste Wahl, der erste Einkauf, Friseurbesuch, mein Motorrad zur Inspektion bringen ("Ich heiß jetzt Svenja."), Dienst, Lehrgang, meine Nachbarn, Kollegen, im Kino, in der Disco und tausend andere Sachen mehr. Vielleicht fühle ich mich deshalb auch so unglaublich jung und voller Lebensfreude. Und das Beste ist: Es ist noch nicht mal Halbzeit.


3. Keine Heimlichkeiten mehr. Jahrelang habe ich mir schöne Sachen gekauft, die ich dann in der Garage, oder im Reserverad meines Autos versteckt habe. Das ist endlich vorbei. Nie wieder Heimlichkeiten und keine Furcht vor Entdeckung mehr.

4. Und dann ist da die Sache mit dem Busen. Hat sich jemand von euch schon mal ein nagelneues Körperteil wachsen lassen? (Doppelkinne gülden nicht.) Ich habs getan. In weniger als zwei Jahren ist mir ein prima Busen gewachsen. Noch heute werde ich ab und zu morgens wach und denke: Hey Jungs, wo kommt ihr denn her? Das wird für mich wohl immer ein absolutes Wunder bleiben.

5. Tanzen gehen. Wenn ich heute tanzen gehe, dann ist es mir völlig egal, ob schon jemand auf der Tanzfläche ist, oder ob ich die einzige Dancing Queen in einem Raum voller Nichttänzer bin. (Und endlich sehe ich beim Tanzen nicht mehr aus wie ein Frosch im Mixer)


6. Endlich bin auch ich ein Teil der bunten Fashionwelt von Vero Moda, Buffalo, New Yorker, H&M, Deichmann und Görtz17. Peeptoes sind viel lustiger als Drehmomentschlüssel. Mode macht einfach Spaß.

7. Mit meinen heutigen Freunden spreche ich mehr über Menschen, Gefühle und Beziehungen, als über Autos, Motoren und Computer. Das liegt allerdings weniger an meiner Veränderung, als vielmehr an einem ganz neuen Freundeskreis. Obwohl ich mich auch heute noch gerne stundenlang über Motorräder unterhalte. :-)

8. Nie wieder brauche ich Angst zu haben, unmännlich zu erscheinen und mich lächerlich zu machen. Jungs achten schon sehr auf dieses Zeug. Ganz offen kann ich zu Schwächen und Ängsten stehen, ohne mir dabei etwas zu vergeben. Und das Erstaunliche ist, dass ich heute sogar stärker bin als früher. Ob das die Kraft der zwei Herzen ist?


9. Letztlich ist es mir aus eigener Kraft gelungen, einen kleinen Tippfehler der Natur wieder in Ordnung zu bringen. Aus Sven wurde Svenja und das habe ich mir hart erarbeitet. In meinem Innersten bin ich allerdings nie jemand anderes gewesen.


10. Mein Leben fühlt sich endlich RICHTIG an.

Fazit: Mein neues Leben ist wirklich klasse, aber ein paar Dinge am Frau-Sein gehen mir auch mächtig auf die Nerven. Welche das sind, darüber berichte ich ein andermal.

Dienstag, 16. November 2010

Die Sportproblematik

Svenja beim Fußball
Ich muss was tun. Seit ich im Krankenhaus war, sieht mein Bauch total hässlich und unförmig aus. Eine dicke Narbe verläuft vom Nabel bis in den Keller. Sie schneidet tief ein und quetscht dabei links und rechts zwei unterschiedlich geformte Fettpölster­chen heraus. Es sieht total eklig aus.

In meinem ersten Leben bin ich jahrelang zum Fitness gegangen. Damals hieß das noch Body Building und der Erfolg wurde einfach mit dem Maßband gemessen.

Ich habe keine Ahnung, welche Geräte heute in den Studios für die Bäuche zuständig sind, aber ich weiß, dass sich die Bauchmuskulatur relativ einfach und schnell wieder in Form bringen lässt.

Wie muss ein Sportstudio sein, in dem ich mich wohlfühle und gerne zum Training gehe? Es darf kein Kampfsport­studio für Goldkettchenträger sein. Das gäbe zwar ein tolles Posting, aber ich bin auch kein weiblicher Rex Kramer. Ideal wäre eines dieser modernen Fitnessstudios für Frauen, aber das geht leider nicht.

Eine Freundin von mir arbeitet dort und konnte berichten, dass sie angewiesen sei, keine Transgender aufzunehmen. Die Begründung dafür ist einfach und absolut einleuchtend. Ein bedeutender Anteil der Gäste sind Muslima, die von ihren Männern keine Erlaubnis bekämen, in einem gemischten Studio zu trainieren. Es gäbe ziemlichen Ärger, wenn bekannt würde, dass jemand wie ich dort trainiert. Das verstehe ich zwar, aber es löst mein Bauchproblem nicht.

Ich könnte einfach in ein x-beliebiges Sportstudio an der Ecke gehen, aber die Sportproblematik ist zugleich eng mit der Dusch- und Saunaproblematik verknüpft. Gemeinschaftsduschen scheiden daher aus.

Entweder dusche ich zuhause, oder ich brauche eine Duschkabine. Es ist schon 25 Jahre her, dass ich zuletzt in einem Fitnessstudio war. Gibt es inzwischen auch Einzelduschen? Oder steigen manche tatsächlich durchgeschwitzt ins Auto und duschen erst zuhause?

Hat jemand eine gute Idee, wie ich die Sportproblematik lösen kann? Oder kennt jemand sogar ein Sportstudio in Kiel, das er mir empfehlen kann? Wo es gute Trainer gibt, ein lockeres Publikum und in dem ich die Duschproblematik irgendwie elegant umgehen kann?

Sonntag, 14. November 2010

Auch nach fünf Jahren noch ER?

Svenja im Dienst Wir sitzen zusammen im Besprechungsraum. Die Unterlagen liegen auf dem Tisch und man wartet auf das Eintreffen der letzten Teil­nehmer. Die Stimmung unter den Kollegen ist fröhlich, schließlich kennen wir uns schon viele Jahre. Es ist noch immer dieselbe Runde, in der ich mich vor fünf Jahren  geoutet habe.

Wir scherzen darüber, ob schon jemand vor der Besprechung müde ist und ich verrate angeberisch mein Geheimrezept, nämlich einfach mal rechtzeitig schlafen zu gehen. :-)

Und dann geschieht es. Ein Kollege ulkt scherzhaft in die Runde: „Na, dann ist es ja auch kein Wunder, dass ER immer so ausgeschlafen ist, wenn ER immer so früh schlafen geht.“ Treffer, Transe versenkt. Er merkt gar nicht, dass er sich im Personalpronomen geirrt hat und mir damit unbewusst einen Tiefschlag versetzt hat.

Plötzlich schäme ich mich und fühle mich in meinem hüschen Kleid, in dem ich mich heute morgen noch so toll fand, auf einmal wie ein Transvestit. Andere Kollegen bessern nach durch ein lautes: „SIE!“ und auch ich setze zu einer lahmen Erwiderung an: „Es heißt SIE. Na ja, knapp daneben.“ Aber ich merke, dass er gar nicht richtig zuhört.

Dutzende Male habe ich diese Situation in den letzten Jahren erlebt und allmählich sollte ich daran gewöhnt sein, aber ich schaffs nicht. Meine erste Reaktion ist Verärgerung, aber worüber? Über die Wahrheit? Für einen kurzen Moment habe ich einen  unschätzbar wertvollen Blick hinter die freundlichen Gesichter werfen können, hinter Toleranz, Höflichkeit und hinter alle Political Correctness. Der Kollege wollte mich nicht beleidigen, dazu kenne ich ihn zu gut. Er hat nur im Überschwang guter Laune versehentlich ausgesprochen, als was er mich wahrnimmt, nämlich als Mann.

Für mich ist das ein wertvoller Hinweis darauf, dass ich mit meiner Entwicklung noch lange nicht fertig bin.  Irgend etwas stört offensichtlich noch den Eindruck von Weiblichkeit. Was könnte das sein? Der Bartschatten? Nein. Das letzte Barthaar wurde schon vor Jahren weggelasert, da ist nichts mehr. Haare, Frisur, eine Perücke? Nein. Ich hab eigene volle, lange, schwarze Haare und könnte jede Frisur damit machen. Zu männliches Aussehen vielleicht? Das glaube ich nicht. Die weiblichen Hormone haben meine Erscheinung verändert und wenn der Busen nicht bald aufhört zu wachsen, dann werden auch die neuen B-Cups irgendwann zu klein. Schlechtes Styling? Das hoffe ich nicht. Ich style und schminke mich seit fünf Jahren konsequent jeden Morgen und erscheine niemals ungepflegt zum Dienst und ich trage auch niemals Männersachen.

Es könnte aber an meiner Stimme liegen. Ich trainiere schon seit Jahren, um meine Stimme weicher und weniger männlich klingen zu lassen, aber wenn ich spreche, dann höre ich noch immer eindeutig einen Mann und keine Frau.

Es gibt allerdings eine Operationstechnik bei der ein Chirurg die Stimmbänder einstellt, so wie ein Klavierstimmer das machen würde. Bis jetzt hat mich das nicht interessiert, weil ich mit meiner Stimme zufrieden bin und weil das Ergebnis kaum vorherzusagen ist. Es kann irgendwo liegen in der vollen Bandbreite zwischen Vanessa Paradis und Inge Meysel.

Trotzdem habe ich Angst. Es wäre schon eine grausame Ironie, wenn ich mir in einer aufwendigen Operation die Stimme ruinieren lasse und es daran letztich gar nicht gelegen hat.

Schande für die PolizeiUnd wenn es etwas völlig anderes ist? Wenn es gar nicht an Äußerlichkeiten liegt? Bezüglich meines Standings in der Landespolizei mache ich mir keine Illusionen. Ich weiß, dass ich hinter meinem Rücken schon als eine "Schande für die Polizei" bezeichnet worden bin.

Na und? Jeder steckt mal Treffer ein. Die kuriert man übers Wochenende aus und erscheint am Montagmorgen gut gelaunt und in den Knien federnd wieder zum Dienst. Ich bin stark genug und lasse mich nicht unterkriegen. Die Polizei ist schließlich kein Ponyhof und ich bin nicht Wendy. Niemals würde ich mich aus irgendwelchen psychisch, weinerlichen Gründen krank melden.

Solange es nicht rotzt, blutet, oder eitert, stöckele ich jeden Morgen zum Dienst. Ausgeschlafen, perfekt gestylt und in allerbester SvenjaLaune. Transsexuell hin, oder her: Ich bin immer noch Kriminalbeamtin und ich liebe diesen Beruf und ich werde ihn jeden verdammten Tag so gut machen, wie ich es nur kann.

Achtung: Auf keinen Fall will ich den Eindruck erwecken, dass ich in irgendeiner Weise gemobbt werde, denn so empfinde ich das nicht. Trotzdem ärgere ich mich natürlich, wenn ich weiß, dass hinter meinem Rücken abfällige Bemerkungen gemacht werden, gegen die ich mich nicht zur Wehr setzen kann, oder wenn ich selbst nach fünf Jahren noch "ER" genannt werde.  Und zu guter Letzt hier noch mein All Time Favourite, ein Spruch, den derselbe Kollege gebracht hat: "Ganz egal, wie alle über dich labern, aber du hast hier die wenigsten Krankheitstage." Als Mann hätte ich ihm früher einfach eine reingehauen.

Meinungen, Ideen, Vorschläge, Anregungen?!

Donnerstag, 11. November 2010

Frauen verstehen

Svenja kauft Wäsche„Die Else wartet doch nur darauf, sich in ihrer neuen sexy Wäsche zu präsentieren. Mit nichts an, außer ein wenig schwarzer Spitze und einem bezaubernden Lächeln. Von wegen, das kauft sie nur für sich selbst. Ich bin doch nicht blöd. Ich weiß, wie sowas läuft.“

So, oder so ähnlich habe ich in meinem ersten Leben gedacht. Ich habe es nie glauben können, wenn eine Frau mir erklärt hat, dass die schöne Wäsche, oder das Parfum für ihr eigenes Wohlbefinden sei. Das ist doch eine faule Ausrede, weil sie nicht zugeben mag, dass sie damit groß rauskommen will.

Aber heute, fünf Jahre später, wo stehe ich da? Bei H&M vor dem Wäscheregal und suche gedankenverloren einen neuen BH aus. „Warum? Ist der alte kaputt gegangen, oder springt er nicht mehr an?“, lautet die typische Jungsfrage. Doch was soll man von Menschen anderes erwarten, die sich die längste Zeit ihres Lebens die Unterwäsche von Frauen kaufen lassen.

Außerdem habe ich das Recht, zu meckern und mich ein bisschen lustig zu machen. Weil ich beide Seiten kenne? Nein, sondern weil ich in meinem ersten Leben genauso war. Ich hab meine Unterwäsche auch nicht selbst gekauft.  :-)

Heute aber kaufe ich mir diesen neuen BH, weil ich ihn schön finde und weil ich mich darin schön finde. Und ich passe ganz sicher auf, dass mich niemand darin zu sehen bekommt, außer mir selbst morgens im Badezimmerspiegel. Manche Dinge versteht man eben erst, wenn man sie selbst erlebt hat.

Ich frage mich aber, wie es anderen Frauen ergeht? Empfinden sie ähnlich? Und was ist mit den Jungs, bzw. mit ihren Männern? Lassen die sich ihre Unterwäsche heute noch immer von ihrer Partnerin kaufen?

Montag, 8. November 2010

Transsexualität und Einsamkeit

„Für einen Single ist die Welt ein  großes Schlemmerbuffet.“, erklärt Samantha in Sex-and-the-City.

Nun, ich lebe als Single und das tue ich ausgesprochen gerne. Ich bin frei und unabhängig, habe keinen Beziehungsstress, keine nervigen Diskussionen um Mitter­nacht, kann ungefragt zehn Stunden an meinem iMac sitzen, Motorradfahren, soviel ich mag und tausend andere schöne Dinge tun, die das Leben als Single so angenehm machen können.


Trotzdem gibt es Tage, da stehe ich vor diesem merkwürdigen Schlemmerbuffet des Lebens und fühle mich, wie der einzige Vegetarier an einem Pfälzer Wurstbuffet mit Schlachteplatte. Für mich ist einfach nichts  dabei.

Eine neue Familie gründen und Kinder haben? Nein, das kriege ich kein zweites Mal hin. Falls ICH schwanger werde, dann stehen in drei Stunden zwei CNN Übertragungswagen vor meiner Haustür und sollte ich ein Kind zeugen, reicht es noch immer für einen Platz auf der Titelseite der BILD.

Ahnt überhaupt jemand, weshalb ich diesem Blog den Titel Svenja-and-the-City gegeben habe? Das ist mehr als ein billiges Wortspiel. Diese blöde Fernsehserie hat mir damals Halt gegeben. Wenn ich schon keine Familie mehr haben konnte, dann wollte ich wenigstens ein Leben führen,  wie das von Carry und Samatha aus Sex-and-the-City. Ich wollte selbst als starke, selbstbewusste Frau, beruflich erfolgreich und finanziell unabhängig auf teuren Schuhen durch die Großstadt stöckeln und alles das tun, was mir gerade gefällt. Meine teuren Schuhe sind zwar keine Manolo Blahniks, sondern nur Deichmanns geworden und die Großstadt heißt Kiel, aber insgesamt betrachtet habe ich es doch ziemlich gut hinbekommen und lebe so, wie es mir gefällt.

Mittlerweile aber haben meine Heldinnen mich verraten. Sie haben sich ihren Mr. Big geschnappt, haben geheiratet, kriegen Kinder, gehen aus dem Leim, tragen vermutlich Birkenstocks statt Blahniks und lassen auch sonst keine Gelegenheit aus, unser schönes Singleleben zu verraten. Bin vielleicht inzwischen ICH das einzige noch übrig gebliebene Sex-and-the-City Girl?

Vieles ist heute wieder so, wie es schon vor meiner Ehe immer gewesen ist: Ich lebe als Single in einem wunderschönen Apartment mitten in der City und unterm Haus stehen ein kleines Auto und mein Motorrad und warten beide vollgetankt darauf, dass es wieder losgeht. Nur, dass heute eben eine  langhaarige Svenja im Minirock ins Auto, oder als Bikergirl auf ihre Kawasaki steigt. Besser gehts nicht, oder?

Transsexualität und Einsamkeit

Trotzdem fühle ich mich manchmal einsam. Lebe ich vielleicht nur deshalb als Single, weil ich sowieso niemanden abkriegen würde? Nein, das ist es hoffentlich nicht und ich bin ja auch nicht alleine. In meiner besten Freundin Claudia habe ich eine Seelenverwandte gefunden, mit der ich über alles reden kann und mit der ich auch Wärme und Zuneigung austauschen kann. Ich habe Bekannte, habe Arbeitskollegen und sogar ein paar angefreundete Bikerbuddys. Dennoch vermisse ich manchmal etwas. Doch auch dagegen habe ich inzwischen ein geniales Rezept gefunden: Immer dann, wenn mich einer dieser blöden Einsamkeits- und sexyBlondinenEroberungs- und Vermissungsanfälle überkommt, dann erzähle ich mir einen von Svens alten Lieblingswitzen:

"Es war einmal ein stattlicher Prinz, der die wunderschöne Prinzessin fragte: "Willst Du mich heiraten?" Und sie antwortete: "...NEIN!!!"
Und der Prinz lebte viele Jahre lang glücklich und ging angeln und Motorradfahren, hing jeden Tag mit seinen Freunden herum, trank viel Bier und betrank sich so oft er wollte, saß  endlos am Computer, liess seine Socken auf dem Stuhl im Esszimmer liegen und hatte Sex mit Dirnen, Nachbarinnen und Freundinnen, furzte nach Herzenslust, sang, rülpste und kratzte sich ausgiebig am Sack.
ENDE"

Freitag, 5. November 2010

Schuhe kaufen macht Spaß

Svenja bei Deichmann CITTI-Park Schuhe kaufen„Sag mal, wieviele Paar Schuhe willst du dir eigentlich noch kaufen? Man kann doch nicht sein ganzes Geld in Ballerinas, Pumps und Stiefel stecken.“, zickt Claudia mich von der Seite an, während wir gemeinsam durch den Kieler CITTI-Park stöckeln.

"Und wo genau steht das noch mal geschrieben?", gebe ich ebenso zickig zurück und bin auf der Stelle eingeschnappt.

„Und außerdem stecke ich keinesfalls all mein Geld in Schuhe. Oder glaubst du, dass ich meine ganzen Röcke, Kleider und Strumpfhosen geschenkt bekomme? Und die Parfums, das MakeUp und den Schmuck? Es ist eben nicht ganz billig, eine Frau zu sein. Nicht einmal die Hälfte meines Geldes  investiere ich in gutes Schuhwerk. Wenn überhaupt...“

"Gutes Schuhwerk, dass ich nicht lache.", muffelt Claudia vor sich hin und aus den Augenwinkeln sehe ich, wie sie schon wieder die Augen verdreht, obwohl sie genau weiß, wie ich das hasse: "Wenn ich nur an die pinken Korkpantoletten denke, die du unbedingt haben wolltest und dann hast du sie nur ein einziges Mal angezogen, weil du dir damit fast die Gräten gebrochen hättest. Von wegen, Gutes Schuhwerk..."

„Na und? Ist doch egal. Die waren aber total schön. Außerdem kann ich ja wohl schlecht barfuß laufen, oder?!“

„Barfuß? Nicht mal ein Tausendfüßler könnte alle deine Pumps und Stiefel, Ballerinas und Stiefeletten, Wedges, Clogs und Peeptoes auftragen. Nicht mal, wenn er hundert Jahre alt wird.“

„Nun übertreib mal nicht.“, wiegele ich sanft ab. „Wusstest du zum Beispiel, dass ich nur sechs Paar Ballerinas besitze?“

„Sechs Paar? Das ist doch eine glatte Lüge. Alleine unter dem Fenster in deinem Zimmer stehen mindestens 12 Paar davon.“ Bei Claudia setzt langsam die Schnappatmung ein.

„Nun lass mich doch mal ausreden, ich meinte doch auch sechs Paare aus schwarzem Wildleder. Sonst habe ich natürlich mehr. Und außerdem habe ich einen Ruf zu verteidigen,“, füge ich mit leiser Stimme hinzu und schlage bescheiden die Augen nieder: „Vor dir steht nämlich die Mitbgegründerin der StudiVZ Gruppe: Ich trage Ballerinas auch im Winter.“

Claudia ist beeindruckt, jedenfalls sagt sie nichts mehr und sieht mich nur bewundernd von der Seite an. Wir stöckeln weiter durch den Kieler CITTI-Park. Nächster Halt Deichmann. Ich muss unbedingt diese braunen Keilstiefel aus der Werbung anprobieren. Braune Keilstiefel habe ich nämlich noch gar keine. Jedenfalls diese nicht.

Bei Deichmann angekommen, setze ich mich auf die große Ankleidebank und probiere die wunderschönen Overknees mit Keilabsatz an. Aber was ist das? Ich krieg den Reißverschluss nicht zu, weil mein Spann einfach zu hoch ist. Mist. Dann muss ich wohl noch eine Weile mit den drei Paar braunen Keilstiefeln leben, die ich schon habe. Aber schön ist das nicht.

Um mich etwas abzulenken, frage ich Claudia ganz höflich: „Kannst du mir mal bitte die, die und die in 41 bringen? Und die Peeptoes in beiden Farben, bitte.“ und zeige dabei mit dem Finger auf verschiedene Modelle.
„Wieso ich? Ist was mit deinen Füßen?“, fragt Claudia mich verständnislos.
„Na hör mal, ich kann ja wohl schlecht auf Strumpfhosen durch den Laden rennen, oder? Was ist denn, wenn ich hier auf ein Kaugummi trete? Oder auf eine Heftzwecke? Das ist dann allein deine Schuld.“

„Ja, ja, ist schon gut, Tinky Winky. Es kann ja auch wirklich niemand von dir verlangen, dass du mal eben wieder in deine Pumps schlüpfst. Das ist ja viel zu mühevoll. Bleib bloß sitzen, ich mach das schon.“, erwidert Claudia und verschwindet kopfschüttelnd hinter dem nächsten Regal, um nach einer ganzen Weile voll beladen mit Schuhkartons wieder aufzutauchen. Ich sag ihr natürlich nicht, dass das aber ganz schön lange gedauert hat. Hat es aber.

Bei Deichmann ist heute für mich nichts dabei, außerdem habe ich die meisten sowieso schon und für Buffalos fehlt mir heute das Geld. „Ich brauche unbedingt noch Strumpfhosen.“, verkünde ich so laut, dass ein älteres Ehepaar sich irritiert nach mir umsieht. „Ich brauche Blickdichte in allen Farben, besonders in hellgrau, grau, mittelgrau, dunkelgrau und anthrazit. Grau ist nämlich das neue Schwarz.“ füge ich klugscheißerisch hinzu und ziehe dabei die Augenbrauen hoch, wie ich das immer tue, wenn ich eine elementare Wahrheit zu verkünden habe. So wie damals, als plötzlich braun das neue schwarz war und ich das als Allererste wußte.

Aber zuverlässig wie ein Uhrwerk geht das Genörgel natürlich wieder los: „Strumpfhosen? Dein Schrank ist doch voll davon und mindestens ein Dutzend hast du noch nicht mal ausgepackt.“

„Na und? Du weißt doch, dass ich niemals Hosen trage und deshalb brauche ich nunmal zu jedem Outfit die hundertprozentig passende Strumpfhose, sonst taugt der ganze Look nichts. Außerdem brauche ich die jeweils in glänzend und in matt, in glatt und in wollig und am liebsten zwei Stück von jeder Sorte.“

"Aber vorher muss ich erstmal meine Schuhe wechseln, die grauen Wildlederpumps bringen mich nämlich gerade um. Aber bevor du wieder anfängst zu meckern, nein, die sind nicht neu. Die habe ich schon letzte Woche gekauft."

Zum Glück habe ich extra ein paar Ersatzschuhe in der Handtasche. Die grauen Stiefel habe ich in endlosen Partynächten total bequem eingetanzt und außerdem sind die Absätze nur 5cm hoch. Endlich bequeme Laufschuhe.

Svenja zieht im CITTI-Park die Pumps ausIch setze mich auf eine große Ledercouch und wechsele in Ruhe meine Pumps gegen Stiefel. Trotzdem bin ich irritiert: "Was glotzen die Landeier eigentlich so? Haben die noch nie gesehen, wie eine Dame der Großstadt elegant ihre Schuhe wechselt?"

"Dame? Der Begriff wäre mir jetzt nicht dazu eingefallen, wie du hier in deinem Minikleid auf der Couch sitzt und deine große Ich-wechsel-die-Schuhe-Show abziehst. Und gewöhn dir endlich ab, jede Else anzuflirten, die zufällig in deine Nähe kommt. Die sind immer völlig irritiert."

"Na gut, du hast ja Recht. Ich bin wirklich keine Dame, denn dafür bin ich noch viel zu jung. Immerhin bin ich ja erst vierundzwanzig..."